Diagnostik und Therapie der Lungenembolie

VASA ◽  
2006 ◽  
Vol 35 (3) ◽  
pp. 135-146 ◽  
Author(s):  
Konstantinides

Die Diagnose und Therapie der venösen Thromboembolie war bis vor wenigen Jahren durch ein hohes Maß an Komplexität und durch fehlende Effizienz gekennzeichnet. Angesichts der unspezifischen Symptome und klinischen Befunde der akuten Lungenembolie (LE) und der multiplen Einschränkungen älterer diagnostischer Verfahren wie die Lungenszintigraphie und Pulmonalisangiographie waren für die definitive Bestätigung der Diagnose komplizierte, für die klinische Praxis ungeeignete Algorithmen erforderlich. Damit konnte bei vielen Patienten eine lebensbedrohliche Lungenembolie nicht rechtzeitig erkannt werden, während anderen Patienten aufgrund eines schlecht begründeten und dokumentierten Verdachts unnötige, potenziell gefährliche und zeitaufwändige Untersuchungen zugemutet wurden. Die Entwicklung und erfolgreiche Erprobung praxisnaher, strukturierter klinischer Modelle zur Semi-Quantifizierung der Wahrscheinlichkeit (pre-test probability) der Lungenembolie, der zunehmende Einsatz des D-Dimer-Tests bei stabilen, ambulanten Patienten und insbesondere die technische Entwicklung der Spiral-Computertomographie haben in letzter Zeit unsere diagnostische Vorgehensweise bei Lungenembolie-Verdacht wesentlich vereinfacht, beschleunigt und verbessert. Darüber hinaus wurde die pathophysiologische Bedeutung der rechtsventrikulären (RV) Dysfunktion – noch vor dem Auftreten einer klinischen Instabilität und Schocksymptomatik – erkannt, und zahlreiche Studien konnten zeigen, dass laborchemische und echokardiographische Parameter eine rechtzeitige Risikostratifizierung der Lungenembolie ermöglichen. Für die hämodynamisch stabilen Patienten ohne RV Dysfunktion (nicht-massive LE) setzen sich die niedermolekularen Heparine zunehmend als Therapie der Wahl in der Akutphase durch, während instabile Patienten mit massiver LE einer sofortigen medikamentösen (mittels Thrombolyse), operativen oder kathetertechnischen Rekanalisation bedürfen. Andererseits ist die Therapie stabiler Patienten mit RV Dysfunktion (submassive LE) derzeit noch umstritten, und die möglichen klinischen Vorteile einer frühen thrombolytischen Behandlung gegenüber einer alleinigen Heparin-Antikoagulation sollen demnächst in einer großen internationalen kontrollierten Studie überprüft werden.

2011 ◽  
Vol 68 (6) ◽  
pp. 297-301
Author(s):  
Jan Krützfeldt ◽  
Emanuel R. Christ

Die Hyperthyreose gehört neben dem Diabetes mellitus und den Störungen im Calciumstoffwechsel zu den häufigsten endokrinologischen Erkrankungen in der Praxis. Zur Diagnostik stehen eine ganze Reihe von laborchemischen und bildgebenden Verfahren zur Verfügung. Allerdings bereitet die Diagnose einer Hyperthyreose aufgrund des klinischen Kontext selten Schwierigkeiten und die verschiedenen Untersuchungen können oft sehr gezielt eingesetzt werden. Die häufigsten Ursachen einer Hyperthyreose sind der Morbus Basedow und die Autonomie eines oder mehrerer Schilddrüsenknoten. Der Morbus Basedow wird meist zwischen dem 35. und 60. Lebensjahr diagnostiziert und ca. 10 - 20 % der Patienten haben bereits initial Hinweise auf eine endokrine Orbithopathie. Für die Diagnose des Morbus Basedow ist die Messung der thyreoidstimulierenden Immunglobuline (TSI) besonders bei unklaren Fällen von Bedeutung. Bei der Schilddrüsenautonomie erfolgt die Diagnose immer über eine Schilddrüsenszintigraphie. Seltenere Ursachen einer Hyperthyreose sind die Thyreoiditiden, bei denen die Hyperthyreose immer transient ist (meist < 2 Monate), und die exogene Hyperthyreose (factitia). Anhand von drei Beispielen aus der Praxis diskutieren wir hier die Diagnose und Therapie der verschiedenen Hyperthyreose-Formen.


2010 ◽  
Vol 29 (10) ◽  
pp. 666-670
Author(s):  
A. Zwergal ◽  
M. Strupp ◽  
K. Jahn ◽  
T. Brandt

ZusammenfassungDas Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert seit November 2009 in München ein Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum für Schwindel, Gleichgewichts- und Okulomotorikstörungen (IFBLMU). Schwindel ist eines der häufigsten Leitsymptome in der Medizin. Trotz der hohen Prävalenz besteht eine eklatante Unter- und Fehlversorgung der betroffenen Patienten. Diese unbefriedigende Situation ist international gut bekannt. Die Ursachen sind unzureichende interdisziplinäre Kooperation, fehlende Standardisierung von Diagnostik und Therapie, mangelnde Translation von Grundlagenforschung in die klinische Anwendung, und das Fehlen multizentrischer klinischer Studien zur Diagnose und Therapie. Das IFBLMU ist ein geeignetes Instrument zur Überwindung dieser strukturellen, klinischen und wissenschaftlichen Defizite und bietet die Möglichkeit zur nachhaltigen Etablierung eines internationalen fächerübergreifenden Referenzzentrums. Zum Thema Schwindel, Gleichgewichts- und Okulomotorikstörungen gibt es in München eine weltweit einmalige Konzentration führender Experten in Klinik und Grundlagenforschung. Es bestehen bereits horizontale interdisziplinäre Vernetzungen mit strukturierten vertikalen akademischen Karrierepfaden.


2008 ◽  
Vol 08 (01) ◽  
pp. 6-12
Author(s):  
Michael Günter

ZusammenfassungDie Arbeit beschreibt für die klinische Praxis relevante Aspekte der Aufmerksamkeitdefizithyperaktivitätsstörung. Konkurrierende Modelle machen heute zumindest deutlich, dass es sich um eine Erkrankung mit vielfältiger Ätiologie und komplexer Pathogenese handelt. Das Ineinandergreifen biologischer, sozialer und psychischer Faktoren erfordert eine umfassende Diagnostik und differenzierte Therapie. Symptomatologie, diagnostisches Vorgehen und Grundsätze der Therapie werden dargestellt und in Tabellen veranschaulicht. Der Autor wendet sich im Interesse einer optimalen Behandlung der betroffenen Kinder und Hilfestellung für die Familien gegen eine reduktionistische Vorgehensweise in Diagnostik und Therapie. Die vielfältigen Probleme der betroffenen Kinder im Selbsterleben, in der Selbstwertregulation, in der Affektivität und im Hinblick auf Störungen des Sozialverhaltens bedürfen einer umfassenden Behandlung. Daher sind meist neben einer eventuell erforderlichen pharmakologischen Verringerung von Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörung individuell abgestimmte psychotherapeutische Behandlungsansätze und eine Elternberatung erforderlich.


2020 ◽  
Vol 237 (11) ◽  
pp. 1290-1305
Author(s):  
Brigitte Wildemann ◽  
Solveig Horstmann ◽  
Mirjam Korporal-Kuhnke ◽  
Andrea Viehöver ◽  
Sven Jarius

ZusammenfassungDie Optikusneuritis (ON) ist vielfach die erste Manifestation einer AQP4-Antikörper-vermittelten NMOSD (AQP4: Aquaporin-4, NMOSD: Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankung, Engl.: neuromyelitis optica spectrum disorders) oder einer Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein-Antikörper-assoziierten Enzephalomyelitis (MOG-EM; auch MOG antibody associated disorders, MOGAD). Für beide Erkrankungen wurden in den vergangenen Jahren internationale Diagnosekriterien und Empfehlungen zu Indikation und Methodik der serologischen Testung vorgelegt. Seit Kurzem liegen zudem Ergebnisse aus 4 großen, internationalen Phase-III-Studien zur Behandlung der NMOSD vor. Mit dem den Komplementfaktor C5 blockierenden monoklonalen Antikörper Eculizumab wurde 2019 erstmalig ein Medikament zur Langzeitbehandlung der NMOSD, die bislang vornehmlich Off-Label mit Rituximab, Azathioprin und anderen Immunsuppressiva erfolgt, auf dem europäischen Markt zugelassen. Für die erst vor wenigen Jahren erstbeschriebene MOG-EM stehen inzwischen Daten aus mehreren retrospektiven Studien zur Verfügung, die eine Wirksamkeit von Rituximab und anderen Immunsuppressiva in der Schubprophylaxe auch in dieser Indikation nahelegen. Viele der zur Therapie der MS zugelassenen Medikamente sind entweder unwirksam oder können, wie z. B. Interferon-β, eine Verschlechterung des Krankheitsverlaufes bewirken. Beide Erkrankungen werden im Akutstadium mit hochdosierten Glukokortikoiden und Plasmapherese oder Immunadsorption behandelt. Diese Behandlung sollte möglichst rasch nach Symptombeginn eingeleitet werden. Insbesondere die MOG-EM ist durch eine oft ausgeprägte Steroidabhängigkeit gekennzeichnet, die ein langsames Ausschleichen der Steroidtherapie erfordert, und schließt viele Fälle der bislang meist als „idiopathisch“ klassifizierten „chronic relapsing inflammatory optic neuropathy“ (CRION) ein. Unbehandelt kann sowohl die NMOSD- als auch die MOG-EM-assoziierte ON zu schweren, persistierenden und oft bilateralen Visuseinschränkungen bis hin zur Erblindung führen. Beide Erkrankungen verlaufen meist relapsierend. Neben den Sehnerven sind häufig das Myelon sowie der Hirnstamm und, vor allem bei NMO-Patienten, das Dienzephalon betroffen; supratentorielle Hirnläsionen im kranialen MRT sind, anders als früher gedacht, kein Ausschlusskriterium, sondern häufig. In der vorliegenden Arbeit geben wir einen Überblick über Klinik, Diagnostik und Therapie dieser beiden wichtigen Differenzialdiagnosen der MS-assoziierten und idiopathischen ON.


Author(s):  
Soibam Pahel Meitei ◽  
Sudheer Tale ◽  
Arjun Kumar Negi ◽  
Ruchi Dua ◽  
Rohit Walia ◽  
...  

Acute exacerbation of chronic obstructive pulmonary disease (AECOPD) carries a high risk of venous thromboembolism (VTE). Pulmonary embolism (PE) and AECOPD increase the mortality and morbidity risk associated with each other. Racial and ethnic differences in VTE risk have been documented in multiple studies. However, there is a dearth of reliable Indian data on the same. This study was planned to find the prevalence of VTE in the setting of severe AECOPD in a tertiary care hospital in India and to identify the clinical, laboratory and radiological characteristics of VTE in severe AECOPD. A total of 156 consecutive patients admitted with severe AECOPD and meeting the specified inclusion and exclusion criteria were recruited. Thorough workup of all patients was done including ABG, serum D dimer, ECG, compression ultrasound of lower limbs and 2-D echocardiography. Patients with high pre-test probability score, or intermediate pre-test probability score at presentation with serum D dimer above the age adjusted cut-off underwent computerised tomography pulmonary angiography (CTPA).  Results were analysed using SPSS version 23.  Sixteen (10.3%) patients had VTE, 15 (93.75%) of them being cases of isolated PE. Female gender, higher cumulative past exposure to corticosteroid, higher alveolar-arterial gradient, right ventricular dysfunction, and higher mean pulmonary artery pressure were associated with increased risk for VTE. The prevalence of VTE in AECOPD in this study among an Indian population is higher than among other Asians, but lower than among the Blacks, the Caucasians and the Middle-East ethnicities. Since a vast majority of VTE presents as PE without DVT in the setting of AECOPD, the absence of deep vein thrombosis of lower limbs does not rule PE in the setting.


2018 ◽  
Vol 97 (05) ◽  
pp. 309-312
Author(s):  
Boris A. Stuck ◽  
Achim Beule ◽  
Detmar Jobst ◽  
Ludger Klimek ◽  
Martin Laudien ◽  
...  

ZusammenfassungZu Beginn dieses Jahres wurde die neue Leitlinie „Rhinosinusitis“ als gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNOKHC) und der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) veröffentlicht. Die Zielgruppe der neuen Leitlinie sind erwachsene Patienten mit einer entzündlichen Erkrankung der Nasennebenhöhlen und sie richtet sich an alle ärztlichen Berufsgruppen, die mit der Diagnostik und Therapie dieser Patienten befasst sind. Die aktuelle Herausforderung besteht darin, die Inhalte der Leitlinie in die klinische Praxis zu implementieren. Hierzu wurde eine Miniaturversion für den Klinik- und Praxisalltag entwickelt, die eine schnelle Hilfe bei klinischen Fragestellungen bieten soll.


Diagnostics ◽  
2020 ◽  
Vol 10 (6) ◽  
pp. 365 ◽  
Author(s):  
Harish Patel ◽  
Haozhe Sun ◽  
Ali N. Hussain ◽  
Trupti Vakde

The incidence of venous thromboembolism (VTE), including lower extremity deep vein thrombosis (DVT) and pulmonary embolism (PE) is increasing. The increase in suspicion for VTE has lowered the threshold for performing imaging studies to confirm diagnosis of VTE. However, only 20% of suspected cases have a confirmed diagnosis of VTE. Development of pulmonary embolism rule-out criteria (PERC) and update in pre-test probability have changed the paradigm of ruling-out patient with low index of suspicion. The D-dimer test in conjunction to the pre-test probability has been utilized in VTE diagnosis. The age appropriate D-dimer cutoff and inclusion of YEARS algorithm (signs of the DVT, hemoptysis and whether PE is the likely diagnosis) for the D-dimer cutoff have been recent updates in the evaluation of suspected PE. Multi-detector computed tomography pulmonary angiography (CTPA) and compression ultrasound (CUS) are the preferred imaging modality to diagnose PE and DVT respectively. The VTE diagnostic algorithm do differ in pregnant individuals. The prerequisite of avoiding excessive radiation has recruited planar ventilation-perfusion (V/Q) scan as preferred in pregnant patients to evaluate for PE. The modification of CUS protocol with addition of the Valsalva maneuver should be performed while evaluating DVT in pregnant individual.


2020 ◽  
Vol 18 (3) ◽  
pp. 669-675 ◽  
Author(s):  
Sameer Parpia ◽  
Sarah Takach Lapner ◽  
Roger Schutgens ◽  
Johan Elf ◽  
Geert‐Jan Geersing ◽  
...  

Phlebologie ◽  
2005 ◽  
Vol 34 (01) ◽  
pp. 5-14
Author(s):  
H. K. Breddin

ZusammenfassungAusgehend von der Virchow-Trias werden die prädisponierenden Faktoren zur Thromboseentstehung sowie angeborene und erworbene Hämostasedefekte diskutiert, die thrombosefördernd wirken können. Voraussetzung für die Entstehung einer Thrombose sind wohl immer lokale Endothelschäden, die zur Plättchenhaftung und -aggregation an der veränderten Gefäßwand führen. Neben der direkten Endothelschädigung nach Traumen oder bei Operationen entstehen auch multiple Endotheldefekte nach operativen Eingriffen als Folge einer Dilatation großer Venen. Bei experimentellen Thrombosen sollte der Blutfluss nicht völlig unterbrochen werden. Entscheidend für die Brauchbarkeit der Thrombosemodelle sind außerdem ein definierter Gefäßwandschaden und eine gut definierte Methode zur Messung der Thrombusbildung. Thrombosediagnostik: Die meist verwendete Nachweismethode ist die Duplexsonographie (Kompressionssonographie). Die Phlebographie ist in manchen Situationen erforderlich, eignet sich aber nicht für kurzfristige Kontrollen. Bei Verdacht auf eine tiefe Venenthrombose schließt ein negativer D-Dimer-Test diese praktisch aus. Die Standardbehandlung der akuten tiefen Venenthrombose besteht in einem Kompressionsverband und der Gabe eines niedermolekularen Heparins (NMH) und anschließender Behandlung mit einem Vitamin-K-Antagonisten. Die Patienten sollten früh mobilisiert werden. Oft, besonders bei Malignomen, ist eine langfristige Gabe eines NMH in therapeutischer oder subtherapeutischer Dosierung notwendig. Endpunkte in klinischen Studien: Bisher wird in erster Linie die Phlebographie verwendet. Die Änderung im Marder-Score eignet sich zur Beurteilung von Thrombusregression oder -progression. In Zukunft sollten hierfür sonographische Endpunkte verwendet werden. Entsprechende Scores sind in der Entwicklung. Zukünftige Entwicklungen: Besonders zur Verhütung des postthrombotischen Syndroms ist bei einigen Patienten aber eine intensivere oder andere Behandlung für eine ausreichende Thrombusregression in den ersten Wochen nach tiefer Venenthrombose nötig. Bessere Kontrollen und weitere Studien werden dringend benötigt.


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