Zur Wirksamkeit körperorientierter Therapieverfahren bei der Behandlung hyperaktiver Störungen: Ergebnisse einer kontrollierten Pilotstudie

Author(s):  
Johann Haffner ◽  
Jeanette Roos ◽  
Nicole Goldstein ◽  
Peter Parzer ◽  
Franz Resch

Zusammenfassung: Fragestellung: Zur Effektivität körperorientierter Therapieverfahren bei hyperkinetischen Störungen liegen bisher kaum methodisch gut kontrollierte Studien vor. Ziel der Arbeit war die Prüfung der differentiellen Wirksamkeit eines an kindliche Bedürfnisse angepassten Yoga Trainings im Vergleich zu einem herkömmlichen Bewegungstraining. Methodik: Bei 19 Kindern mit klinischer Diagnose einer hyperkinetischen Störung (nach ICD-10) wurden nach randomisierter Gruppenzuordnung im 2×2 cross-over Design die Trainingseffekte (Yoga vs. Bewegungstraining) anhand von Varianzanalysen mit Messwiederholung geprüft. Ergebnisse: Es zeigte sich eine deutliche Überlegenheit des Yoga Trainings sowohl hinsichtlich der Verbesserungen der Testleitungen im Dortmunder Aufmerksamkeitstest (DAT) als auch bei der Reduktion der hyperkinetischen Symptomatik im standardisiert erhobenen Elternurteil mit Effektstärken (ES) im mittleren bis hohen Bereich (ES = 0.60-0.97). Bei Trainingsende lagen die Gruppenmittelwerte im unauffälligen Bereich und unterschieden sich nicht bedeutsam von den Werten einer repräsentativen Vergleichsstichprobe. Kinder mit Methylphenidat Behandlung profitierten mehr vom Training und zeigten aufgrund höherer Ausgangswerte zu Studienbeginn deutlichere Symptomverbesserungen als Kinder ohne pharmakologische Unterstützung. Schlussfolgerungen: Die Befunde der Pilotstudie legen nahe, dass Yoga als Intervention oder begleitende Therapie bei hyperkinetischen Störungen erfolgreich eingesetzt werden kann. Sie fordern dazu auf, die Wirksamkeit körperorientierter Therapieverfahren bei der Behandlung hyperaktiver Störungen in weiteren Studien systematisch zu prüfen.

2015 ◽  
Vol 63 (3) ◽  
pp. 181-186 ◽  
Author(s):  
Paul L. Plener ◽  
Rebecca C. Groschwitz ◽  
Cindy Franke ◽  
Jörg M. Fegert ◽  
Harald J. Freyberger

Die Adoleszenz ist häufig die Lebensphase, in der sich psychiatrische Phänomene des Erwachsenenalters erstmals manifestieren. Darüber hinaus stellt sie auch eine Phase des Übergangs zwischen den Versorgungssystemen der Kinder- und Jugendpsychiatrie und dem der Psychiatrie und Psychotherapie des Erwachsenenalters dar. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der stationären psychiatrischen Versorgungssituation der Adoleszenten in Deutschland. Berichtet wird eine Analyse der stationären psychiatrischen Versorgung in der Altersgruppe der 15- bis 25-Jährigen in Deutschland in den Jahren 2003 bis 2012, basierend auf Krankenhaus Entlassdiagnosen. Trotz stagnierender Bevölkerungszahlen in der Altersgruppe der 15- bis 25-Jährigen findet sich eine deutliche Zunahme der stationären Behandlungen im Verlauf der letzten 10 Jahre. Es finden sich deutliche Unterschiede in der Häufigkeit der Behandlung von Störungsbildern der Kategorie F8 und F9 in der Altersgruppe der 15- bis unter 20-Jährigen im Vergleich zu den 20- bis unter 25-Jährigen. Die Brüche in den stationären Behandlungsraten der ICD-10 Kategorien F8 und F9 können als Hinweis auf eine mangelhaft ausgebaute Schnittstelle zwischen der Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Psychiatrie und Psychotherapie des Erwachsenenalters gesehen werden. Eine durchgängig über Versorgungssysteme gedachte Adoleszenzpsychiatrie könnte es schaffen diesen Übergang zu erleichtern.


2020 ◽  

Kommen Sie mit der anwendergerechten Aufbereitung und Kommentierung der Deutschen Kodierrichtlinien 2020 schneller zum Ziel! Dieses praxisnahe Handbuch erleichtert Ihnen das Erlernen und die Durchführung einer sachgerechten Kodierung der Diagnosen und Prozeduren nach den Regeln der Deutschen Kodierrichtlinien 2020, der ICD-10-GM 2020 und des OPS 2020. Die nach medizinischen Gesichtspunkten gegliederten Zusammenfassungen nach Themenbereichen, wie z.B. Tumore oder Geburtshilfe, bieten Ihnen umfangreiches Schulungsmaterial, viele Beispiele, Tipps und Kommentare aus der Praxis. Auf diese Weise profitieren Sie von der jahrelangen Praxiserfahrung des Autorenteams. Ihre Vorteile im Überblick: ▪ Mit wichtigen Aktualisierungen zu den Themen Maschinelle Beatmung, Bakteriämie, Sepsis, SIRS und Corona-Viruskrankheit ▪ Viele praxisorientierte Tipps und Beispiele ▪ Umfangreiche Lern- und Schulungsmaterialien wie Übersichten, Flussdiagramme, Tabellen und Abbildungen ▪ Kompetente Autoren, die im Krankenhaus arbeiten, ärztliche Mitarbeiter schulen und genau wissen, worauf es beim Verschlüsseln ankommt. Über den Herausgeber: Dr. med. Dipl.-Math. Albrecht Zaiß, ehemaliger Leiter der Abteilung Medizincontrolling des Universitätsklinikums Freiburg, Arbeitsschwerpunkte: medizinische Klassifikation, Basisdokumentation und Kodierung, Krankenhausinformationssysteme. Damit erarbeiten Sie sich eine solide und nachhaltige Arbeitsgrundlage, die Ihnen das rechtsverbindliche Verschlüsseln jeden Tag ein bisschen leichter macht.


2012 ◽  
Vol 31 (07/08) ◽  
pp. 510-514
Author(s):  
E. Schulz ◽  
C. Fleischhaker

ZusammenfassungSchizophrene Psychosen sind mit einer Lebenszeitprävalenz von ca. 1% keine seltenen Erkrankungen. Jeder fünfte Erkrankungsfall beginnt vor dem vollendeten 18. Lebensjahr. Von der Klassifikation hat sich eine Untergliederung der Frühmanifestationen schizophrener Psychosen mit Beginn vor dem 12./14. Lebensjahr als Very Early Onset Schizophrenia (VEOS) und mit Beginn vor dem 18. Lebensjahr als Early Onset Schizophrenia (EOS) durchgesetzt. Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis werden im Kindes- und Jugendalter in den Klassifikationsschemata (ICD-10 und DSM-IV) anhand der im Erwachsenenalter bekannten Symptomatik diagnostiziert und klassifiziert. Als Risikofaktoren für einen chronischen Verlauf gelten ein junges Erkrankungsalter, das Vorhandensein von Entwicklungsstörungen und eine schlechte soziale Adaptation. Der Verlauf von im Kindes- und Jugendalter beginnenden schizophrenen Psychosen hat sich in den letzten 20 bis 30 Jahren verbessert. Unter Ausnutzung aller therapeutischen Möglichkeiten (psychotherapeutische, psychopharmakologische und psychosoziale Behandlung) kann mit einem guten psychosozialen Outcome bei zwischen 20 und 50% der Patienten gerechnet werden.


Author(s):  
U.-J. Gerhard ◽  
B. Blanz ◽  
H. Kluge ◽  
M. Naumann
Keyword(s):  
Icd 10 ◽  

Zusammenfassung: Fragestellung: In dieser Studie wurde der Frage nachgegangen, inwieweit ein Zusammenhang zwischen thrombozytärem Serotoningehalt und depressivem bzw. suizidalem Verhalten bei Kindern und Jugendlichen besteht. Methodik: Innerhalb von 16 Monaten wurde bei allen stationär aufgenommenen Patienten im Alter von 4 bis 19 Jahren (n = 145) das thrombozytäre Serotonin mittels Fluoreszenzspektroskopie bestimmt. Zeitnah wurde bei einem Teil der Patienten der Schweregrad der depressiven Symptome durch das DIKJ erhoben. Die verschiedenen Diagnosegruppen wurden anhand der Kriterien der ICD-10 gebildet. Ergebnisse: Mit zunehmendem Alter zeigte sich ein Abfall des Serotiningehaltes im Thrombozyten. Die männlichen Patienten wiesen höhere Serotoninwerte im Vergleich zu den weiblichen auf, wobei die Mädchen allerdings höhere Depressivitätsscores im DIKJ zeigten. Es bestand eine negative Korrelation zwischen dem thrombozytären Serotonin und dem im DIKJ gemessenen Depressivitätsgrad über alle Diagnosegruppen. Unabhängig von der klinischen Diagnose ergaben sich signifikant niedrigere Serotoninkonzentrationen bei den Kindern und Jugendlichen, die unmittelbar vor der stationären Aufnahme einen Suizidversuch unternommen hatten. Auch bei der Gruppe der depressiven Störungen kristallisierte sich eine Untergruppe mit signifikant niedrigerem Serotoningehalt heraus, die kurz zuvor einen Suizidversuch verübt hatten. Schlussfolgerungen: Die vorliegenden Untersuchungen stützen die Auffassung, dass Depressivität in der Kindheit und Jugend mit einem Mangel an Serotonin im Thrombozyten bzw. analog zum Thrombozytenmodell in zentralen Strukturen verbunden ist und ein relatives Defizit an Serotonin ein Suizidalitätsmarker sein könnte.


2014 ◽  
Vol 71 (3) ◽  
pp. 163-169 ◽  
Author(s):  
Michael Adolph

Die parenterale Ernährung ist elementarer Bestandteil der Therapie kritisch kranker Patienten. Dies gilt unvermindert auch vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um diese Form der künstlichen Ernährung. Erst in jüngerer Zeit haben mehrere groß angelegte prospektiv randomisierte kontrollierte Studien Fragen nach der korrekten Indikation, dem optimalen Timing und der Zusammensetzung einer parenteralen Ernährung untersucht. Trotz einer zum Teil ausgesprochen kontrovers geführten Diskussion kristallisiert sich eine Strategie heraus, die die parenterale Ernährung als besonders wichtigen, ergänzenden Baustein einer möglichst früh begonnenen enteralen Ernährung sieht.


2013 ◽  
Vol 2 (2) ◽  
pp. 65-76 ◽  
Author(s):  
Anne Fischbach ◽  
Kirsten Schuchardt ◽  
Janin Brandenburg ◽  
Julia Klesczewski ◽  
Christina Balke-Melcher ◽  
...  
Keyword(s):  

In dieser Studie wurden die Prävalenzraten von Lernschwächen und Lernstörungen und hierbei auftretende Geschlechtsunterschiede in der Mitte der Grundschulzeit anhand einer großen deutschen Stichprobe (N = 2195) untersucht. Bei Lernschwächen und -störungen treten isolierte oder mehrfache Minderleistungen in den drei basalen schulischen Grundkompetenzen Lesen, Rechtschreiben und Rechnen trotz einer unbeeinträchtigten Intelligenz auf. Die Lernstörung wird hier als eine Untergruppe der Lernschwäche verstanden und liegt nach ICD-10 (WHO, 2005) dann vor, wenn neben der Leistungsabweichung von der Norm zusätzlich eine deutliche Diskrepanz zwischen der Minderleistung und der Intelligenz eines Kindes besteht (sogenanntes doppeltes Diskrepanzkriterium). Die Ergebnisse zeigen, dass insgesamt bei 23.3 % der Kinder eine Lernschwäche in einem oder mehreren Leistungsbereichen vorliegt. In etwa die Hälfte dieser Kinder verfehlt das zusätzliche Kriterium für eine Lernstörungsdiagnose. Betrachtet man die einzelnen Prävalenzraten für isolierte und multiple Lernschwierigkeiten im Lesen, Rechtschreiben und/oder Rechnen, liegen diese bei den Lernschwächen zwischen 4 und 6 % und bei den Lernstörungen zwischen 2 und 4 %. Deutlich mehr Jungen sind von Lese-Rechtschreib- und deutlich mehr Mädchen von Rechenschwierigkeiten betroffen. In bisher vorgelegten Prävalenzstudien wurden nicht alle basalen Schulleistungen berücksichtigt, sondern nur die jeweils diagnosespezifisch fokussierten Minderleistungen. Dadurch sind das Erkennen mehrfach lernbeeinträchtigter Kinder und eine eindeutige Diagnose nach ICD-10 nicht möglich. In der vorliegenden Studie zeigte sich eine Verdoppelung der Prävalenzraten durch das alleinige Berücksichtigen der diagnosespezifisch relevanten Leistungen. Die Befunde werden vor dem Hintergrund der praktischen Relevanz einer ICD-Diagnose und der Bedeutung einer umfassenden Schulleistungsdiagnostik diskutiert.


2014 ◽  
Vol 23 (03) ◽  
pp. 189-194
Author(s):  
J. Zwerina ◽  
E. Husar-Memmer

ZusammenfassungVitamin D ist ein essenzieller Mitspieler im Knochenstoffwechsel und notwendig für eine physiologische Knochenmineralisation. In den vergangenen Jahren wurden aber auch wichtige Erkenntnisse über die Rolle von Vitamin D im Immunsystem gewonnen. Vitamin D kann die Entwicklung und Funktion der unspezifischen und spezifischen Abwehr beeinflussen. So fördert Vitamin D die Produktion von antimikrobiellen Peptiden wie dem Cathelicidin. Auch die T-Zell-Entwicklung kann in experimentellen Systemen durch Vitamin D signifikant beeinflusst werden. Ein Vitamin-D-Mangel wird sowohl mit Abwehrschwäche als auch Anfälligkeit für die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen in Zusammenhang gebracht. Prospektive Studien zeigten eine Assoziation von wenig Sonnenexposition oder reduzierter Vitamin-DZufuhr und der Entwicklung von Autoimmun - erkrankungen wie der Multiplen Sklerose. Im Gegensatz zu diesen experimentellen Studien und klinischen Beobachtungen ist allerdings unklar, ob eine therapeutische Beeinflussung des Vitamin-D-Stoffwechsels positive Effekte auf die vorgenannten Erkrankungen hat oder diese sogar verhindern kann. Randomisierte kontrollierte Studien zur Prophylaxe von Atemwegsinfektionen mit Vitamin D bei gesunden Erwachsenen haben großteils negative Ergebnisse gezeigt. Ob sich eine Vitamin-D-Gabe, abgesehen von Effekten auf den Knochenstoffwechsel, positiv auf Autoimmunerkrankungen wie die rheumatoide Arthritis oder Multiple Sklerose auswirkt, ist bisher nicht ausreichend untersucht.


2017 ◽  
Vol 67 (12) ◽  
pp. 504-513 ◽  
Author(s):  
Theresa Beddig ◽  
Christine Kühner

ZusammenfassungIm vorliegenden narrativen Review werden aktuelle Aspekte zu Diagnostik, Häufigkeit, Ätiologie und Behandlungsstrategien der Prämenstruellen Dysphorischen Störung (PMDS) vorgestellt. Die Störung ist gekennzeichnet durch emotionale, körperliche und verhaltensmäßige Veränderungen während der prämenstruellen Phase des Monatszyklus, die mit klinisch relevantem Leiden und deutlicher Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit einhergehen. Aufgrund der spezifischen Leitsymptome (v. a. Affektlabilität und Gereiztheit), dem spezifischen Beschwerdeverlauf sowie der relativ hohen symptomspezifischen Stabilität wurde sie in der fünften Auflage des „Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen“ (DSM-5) als eigenständige Störungsdiagnose in das Kapitel Depressive Störungen aufgenommen. Die 12-Monatsprävalenz liegt zwischen 3 und 8% bei Frauen im gebärfähigen Alter. Im deutschen Sprachraum ist das Störungsbild bislang noch unzureichend bekannt, in der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) fehlt die PMDS als eigenständige Störungskategorie. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind noch nicht zufriedenstellend geklärt, eine multifaktorielle Genese wird angenommen. Derzeit liegen noch zu wenig randomisiert-kontrollierte Studien zur PMDS vor, um eindeutige evidenzbasierte Handlungsempfehlungen geben zu können.


2005 ◽  
Vol 18 (4) ◽  
pp. 177-187 ◽  
Author(s):  
Thomas Beblo ◽  
Stephanie Schrader ◽  
Christina Brand

Zusammenfassung: Depressive Störungen bleiben häufig unentdeckt, obwohl sie zu den häufigsten psychischen Störungen gehören und bekannt ist, dass sich eine fehlende Behandlung negativ auf den Erkrankungsverlauf und die Entwicklung körperlicher Krankheiten auswirken kann. Aufgrund eines veränderten Symptomprofils und zusätzlicher differenzialdiagnostischer Fragestellungen, z. B. in der Abgrenzung zu demenziellen Erkrankungen, ergeben sich gerade bei älteren Patienten schwierige diagnostische Fragestellungen. Eine angemessene Diagnostik setzt zum einen den Einsatz kategorialer Untersuchungsverfahren voraus, die an den Klassifikationssystemen ICD-10 oder DSM-IV orientiert sind. Zur Einschätzung des Depressionsschweregrades und der Beurteilung von Krankheitsverläufen müssen zusätzlich Ratingskalen eingesetzt werden. Selbst- und Fremdratingverfahren ermöglichen dabei einen unterschiedlichen Zugang zur depressiven Symptomatik, weshalb beide Verfahrenstypen verwendet werden sollten. Da die meisten bekannten Verfahren nicht für die Diagnosestellung im höheren Lebensalter konstruiert wurden, erfordert der diagnostische Prozess einen feinfühligen, die Besonderheiten depressiver Störungen im Alter berücksichtigenden Umgang mit diesen Verfahren.


Swiss Surgery ◽  
1999 ◽  
Vol 5 (4) ◽  
pp. 177-182
Author(s):  
Schmidt

Die klinische Epidemiologie lehrt bereits seit vielen Jahren eine kritische Interpretation vorliegender Studien-Ergebnisse nach praxisgerechten Beurteilungsgrössen und strebt eine sorgfältige Planung und Durchführung klinischer Studien an mit dem Ziel praktisch aussagekräftiger Studienergebnisse. Für die in einem alten Denken geschulten medizinischen Institutionen fast unbemerkt hat sich eine neue Hierarchie der Evidenz herausgebildet; diese verlangt heute nach gutdurchdachten Studien, die eine für den Patienten erfahrbare Leidensverbesserung irrtumsfrei dokumentieren. Vergleichende, kontrollierte Studien haben in vielen Bereichen klar gemacht, dass die medizinische Korrektur pathologischer Werte oder die chirurgische Korrektur und Reparatur pathologisch-anatomischer Veränderungen noch lange nicht mit einer günstigen Wirkung gleichgesetzt werden können. Begriffe und Konzepte einer sorgfältigen Dissektion vorhandenen Wissens sind: Surrogat-Trugschluss ("Laborkosmetik", in der Chirurgie z.B. "Ligament- und Knorpelkosmetik"), Confounding (unbekannte Drittfaktoren, welche scheinbar kausale Zusammenhänge vortäuschen), Selektions-Bias (Vergleiche von Gruppen, die ungleich ausgewählt sind) sowie Leadtime Bias (Verwechseln von Diagnosevorverlegung mit Prognoseverbesserung), Length Bias (Übersehen der unterschiedlichen natürlichen Krankheitsprogression als Determinante von Stadienverteilungen) und Overdiagnosis Bias (Vortäuschen einer Prognoseverbesserung durch zunehmende Diagnose klinisch stummer Pathologien). Darüber hinaus sind absolute und nicht relative Veränderungen von Risiken und Komplikations-Häufigkeiten für den Patientennutzen entscheidend. Für die Qualität medizinischer Leistungen ist die Schulung des durchdachten Einsatzes unserer Instrumente heute zweifellos eine weit wichtigere Aufgabe als die Qualitätsverbesserung unserer Instrumente. Evidence Based Medicine bedeutet systematische und kritische Beurteilung des Wissens, was an einigen Beispielen aufgezeigt wird.


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