Das klassische zentrale Dogma der Biologie beschreibt die Synthese funktionaler Proteine basierend auf den Informationen, die in der DNA kodiert sind. In einem notwendigen Zwischenschritt wird zunächst die entsprechende DNA-Sequenz in ein messenger-RNA (mRNA) Molekül abgeschrieben (transkribiert), bevor diese RNA-Sequenz durch Ribosomen in das finale Protein übersetzt (translatiert) werden kann. In Eukaryoten sind die Transkription und Translation durch eine Kompartimentierung der Zelle in den Zellkern und das Zytosol örtlich und zeitlich voneinander getrennt. Diese Trennung ermöglicht eine eingehende Qualitätskontrolle der gereiften mRNA im Zellkern, bevor diese durch einen aktiven Prozess in das Zytoplasma exportiert wird. In Eukaryoten liegen die Informationen für die Proteine fragmentiert vor. Kodierende Sequenzen (Exons) werden unterbrochen von nicht-kodierenden Abschnitten (Introns), welche zunächst beide abgeschrieben werden und die prä-mRNA bilden. Diese initiale RNA-Sequenz muss im Anschluss prozessiert werden, um die Introns zu entfernen und die Exons miteinander zu legieren (Spleißen). Die entstehende neue prä-mRNA wird sofort an ihrem 5‘-Ende methyliert, um sie vor dem Verdau durch 5’-Exonukleasen zu schützen (5‘Capping). Abschließend wird die Transkription terminiert, und um das 3‘-Ende ebenfalls vor einem möglichen Abbau zu schützen, erhalten die Transkripte einen so genannten poly(A)-Schwanz, eine Sequenz aus Adenosinen, die nicht in der DNA-Matrize vorgegeben sind (Polyadenylierung). Diese Prozesse werden durch verschiedene Multi-Protein-RNA-Komplexe im Zusammenspiel mit spezifischen RNA-bindenden Proteinen (RBPs) katalysiert. Das Spleißen wird vom Spliceosom durchgeführt, welches mittels zweier aufeinanderfolgender Umesterungen das Intron zwischen zwei Exons entfernt und die Exons miteinander ligiert. Hierbei können auch ein oder mehrere Exons übersprungen werden. Dieses alternative Spleißen (AS) ermöglicht die Expression alternativer Protein-Isoformen aus demselben Gen. Zusätzlich können durch AS aber auch alternative, toxische Exons in die reife mRNA integriert werden, welche die Stabilität des Transkripts negativ beeinflussen und somit eine Möglichkeit zur Regulation der Proteinexpression bieten. Die Assemblierung des Spliceosoms an der prä-mRNA wird durch die Präsenz von RNA-bindenden Spleiß-Aktivatoren oder -Inhibitoren beeinflusst. Eine bekannte Familie von Spleiß-Aktivatoren ist die der Serin/Arginin-reichen Proteine (SR-Proteine). Diese binden spezifische Sequenzen in Exons und fördern die Assemblierung des Spliceosoms an den jeweiligen Spleißstellen und somit die Inklusion der gebundenen Exons. Dem entgegen wirken Inhibitoren, wie die Proteine aus der hnRNP-Familie, die vorzugsweise in Introns binden. Die Transkription einer neuen prä-mRNA wird durch eine hydrolytische Spaltung in der 3‘-untranslatierten Region (UTR) beendet und das neu entstandene 3‘-Ende dieser prä-mRNA wird durch die neue Synthese eines poly(A)-Schwanzes vor der vorzeitigen Degradation geschützt. Diese zusammenhängenden Prozesse werden von vier Multi-Protein-Komplexen (CFIm, CFIIm, CPSF und CsTF) und der Poly(A)-Polymerase (PAP) katalysiert. Die Adenosin-reiche Sequenz wird durch die Bindung des Poly(A)-bindenden Proteins (PABPN1) stabilisiert wodurch die Aktivität von PAP weiter stimuliert wird. Wie Spleißen ist auch die endonukleolytische Spaltung und Polyadenylierung sequenzspezifisch und abhängig von RBPs, die diese Sequenzen erkennen. Das zentrale Erkennungsmotiv ist das Hexamer ‚AAUAAA‘ sowie bestimmte Varianten dieses Motivs. Dieses so genannte Poly(A)-Signal wird durch die spezifischen Untereinheiten WDR33 und CPSF30 des CPSF-Komplexes erkannt. Die Assemblierung der gesamten Polyadenylierungsmaschinerie wird unterstützt durch den CFIm-Komplex, der UGUA-Motive oberhalb des Poly(A)-Signals bindet sowie durch den CsTF-Komplex, der U/GU-reiche Sequenzen unterhalb des Poly(A)-Signals bindet. Analog zum Spleißen ist auch die Polyadenylierung in den meisten eukaryotischen Genen (bei humanen/murinen Zellen in bis zu 70% der Gene) an mehreren Positionen möglich (alternative Polyadenylierung, APA). Abhängig von der Position der alternativen Polyadenylierungsstellen entstehen dadurch entweder Transkripte mit alternativen terminalen Exons, falls diese Stelle in einem Intron liegt (CDS-APA), oder Transkripte mit unterschiedlich langen 3’UTRs aber identischer kodierender Sequenz, wenn die alternativen Poly(A)-Signale in der 3’UTR liegen (3’UTR-APA). In Abhängigkeit von der Entfernung zum vorherigen STOP-Codon wird die erste Polyadenylierungsstelle (PAS) als ‚proximal‘ (pPAS) und die am weitesten entfernte als ‚distal‘ (dPAS) betitelt. Die Länge der 3’UTR hat Auswirkungen auf die Stabilität, Exporteffizienz, subzelluläre Lokalisation, Translationsrate und lokale Translation der entsprechenden mRNA-Isoform. Einzelne Polyadenylierungsfaktoren wurden mit der Expression bestimmter APA-Isoformen in Verbindung gebracht. Die Reduktion von CFIm führte zur vermehrten Expression von Transkripten mit verkürzten 3‘UTRs, wohingegen verringerte Expressionen von CsTF-Komponenten und von FIP1 (Untereinheit des CPSF-Komplexes) die Expression von Transkripten mit langen 3’UTRs förderte. Bisher sind die Komponenten und Funktionen der einzelnen Polyadenylierungsfaktoren umfassend erforscht, dennoch ist die Regulation der alternativen Polyadenylierung – die Entscheidung, ob die proximale oder distale PAS benutzt wird – weniger entschlüsselt und benötigt zusätzliche Studien. ...