scholarly journals Intrazerebrale Blutungen unter Plättchenaggregationshemmung und oraler Antikoagulation bei Patienten mit zerebraler Amyloidangiopathie

2021 ◽  
Author(s):  
R. Haußmann ◽  
P. Homeyer ◽  
M. Haußmann ◽  
M. Brandt ◽  
M. Donix ◽  
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ZusammenfassungDie Durchführung einer oralen Antikoagulation ist bei Patienten mit einer zerebralen Amyloidangiopathie eine therapeutische Herausforderung. Die Assoziation der zerebralen Amyloidangiopathie mit Lobärblutungen, eine hohe Mortalität intrazerebraler Blutungen insbesondere unter oraler Antikoagulation sowie das hohe Rezidivrisiko solcher Blutungen erfordern eine strenge und interdisziplinäre Risiko-Nutzen-Abwägung. Vitamin-K-Antagonisten erhöhen das Risiko für die mit intrazerebralen Blutungen vergesellschaftete Mortalität um 60 % und sollten daher möglichst vermieden bzw. speziellen klinischen Situationen (z. B. mechanischer Aortenklappenersatz) vorbehalten sein. Auch der Einsatz von neuen oralen Antikoagulanzien und Thrombozytenaggregationshemmern bedarf einer strengen Risiko-Nutzen-Abwägung, da auch diese Substanzen das zerebrale Blutungsrisiko erhöhen. Insbesondere bei Patienten mit einer absoluten Arrhyhtmie bei Vorhofflimmern ist der interventionelle Vorhofohrverschluss eine therapeutische Alternative. Darüber hinaus sind weitere klinische Implikationen bei Patienten mit zerebraler Amyloidangiopathie Gegenstand dieser Literaturübersicht, beispielsweise Besonderheiten nach akutem ischämischem Schlaganfall und erforderlicher Sekundärprophylaxe, bei vorherigen intrazerebralen Blutungen und bei Patienten mit kognitiven Defiziten.

2004 ◽  
Vol 23 (07) ◽  
pp. 378-382
Author(s):  
J. Bogdanov ◽  
M. Dütsch ◽  
C. Rauch ◽  
R. Handschu ◽  
U. Nixdorff ◽  
...  

ZusammenfassungKumarinderivate sind sekundäre Pflanzenstoffe und hemmen in der Leber über einen Vitamin-K-Antagonismus die Synthese der plasmatischen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X. Im deutschsprachigen Raum wird vor allem Phenprocoumon eingesetzt, das eine Halbwertszeit von 6 Tagen besitzt und erst nach 6-9 Tagen voll wirksam ist. Die häufigste neurologische Indikation besteht in der Sekundärprophylaxe zerebrovaskulärer Ereignisse bei kardialer Emboliequelle. Für diese Indikation ist eine Risikoreduktion für ein Schlaganfallrezidiv von ca. 70% und für vorzeitigen Tod von ca. 30% belegt. Weitere Indikationen können in der Primärprävention bei Vorhofflimmern – wenn zusätzlich andere strukturelle Herzbefunde vorliegen –, in extra-und intrakraniellen Gefäßstenosen, vorübergehend nach Dissektionen und Hirnvenenthrombosen, im hohen therapeutischen Bereich beim Antiphospholipidsyndrom und mitunter lebenslang bei genetisch determinierten Thrombophilien bestehen. Bei diesen Indikationen ist die Effizienz jedoch nicht durch Studien ausreichend belegt. Trotz der in randomisierten Studien nachgewiesenen Effektivität der oralen Antikoagulation wird diese Therapie im klinischen Alltag zu wenig, und zwar nur bei 40-50% der geeigneten Patienten, eingesetzt. Darüber hinaus finden sich in klinischen Beobachtungsstudien eine hohe Rate von Therapieabbrechern und häufig außerhalb des Therapiekorridors liegende Gerinnungsanalysen. Das Blutungsrisiko ist unter Nicht-Studienbedingungen allerdings nicht erhöht. Verbesserungen bei der Therapie mit oraler Antikoagulation könnten im Umstieg auf Warfarin, das eine günstigere Pharmakokinetik aufweist, in der Einführung einer Antikoagulanzienfachkraft, die im niedergelassenen Bereich die Therapiedurchführung unterstützt, oder im INR-Selbstmanagement bestehen. Die neuen Antithrombotika (Faktor-Xa-Inhibitoren wie Fondaparinux und direkte Thrombininhibitoren wie Ximelagatran) könnten in Zukunft die Antikoagulation wesentlich vereinfachen.


2017 ◽  
Vol 86 (02) ◽  
pp. 117-124
Author(s):  
Clemens Küpper ◽  
Lars Kellert ◽  
Steffen Tiedt ◽  
Frank Arne Wollenweber

ZusammenfassungZur Prophylaxe des kardioembolischen Schlaganfalls stehen neben Vitamin K-Antagonisten in Deutschland seit 2011 die sogenannten neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) zur Verfügung. Eine Zulassung besteht für nicht-valvuläres Vorhofflimmern. Obwohl in Deutschland eine intensive Kontroverse zu diesem Thema geführt wird, wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis der NOAK im Vergleich zu Vitamin K-Antagonisten von den neurologischen und kardiologischen Fachgesellschaften als günstiger bewertet. Dieser Effekt wird insbesondere durch die Risikoreduktion für intrazerebrale Blutungen vermittelt. Ein spezifisches Antidot steht für Dabigatran zur Verfügung und ist für die Faktor Xa-Inhibitoren in der klinischen Prüfung. Aus Mangel an direkten Vergleichsstudien kann keines der NOAK dem anderen als überlegen angesehen werden. Die Auswahl eines NOAK sollte sich daher unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Zulassungsstudien an praktischen Aspekten und Komorbiditäten des einzelnen Patienten orientieren.


2015 ◽  
Vol 44 (S 01) ◽  
pp. 40-44
Author(s):  
Markus Ketteler

Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz weisen ein erhöhtes Risiko für leitliniengemäß antikoagulationspflichtige Erkrankungen auf. Im Vordergrund steht hier eine hohe Inzidenz und Prävalenz für Vorhofflimmern, aber auch Herzklappenersatzoperationen sind in diesem Kollektiv nicht selten anzutreffen. In diesem Kontext gibt es aber insbesondere bei Dialysepatienten Vorbehalte hinsichtlich des Einsatzes von oralen Vitamin-K-Antagonisten, da diese über eine Karboxylierungshemmung des kalzifikationsinhibitorischen Faktors Matrix Gla Protein (MGP) das ohnehin schon erhöhte Gefäßverkalkungsrisiko dieser Patienten noch deutlich weiter steigern. Dazu kommt, dass die Datenlage, ob Behandlungsleitlinien hinsichtlich der Antikoagulationsindikationen überhaupt auf Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz übertragen werden können, unklar ist. In einzelnen epidemiologischen Studien wurde beobachtet, dass gerade eine Gerinnungshemmung bei Dialysepatienten mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko verbunden war. Weiterhin ist diese Patientengruppe auch durch ein erhöhtes Blutungsrisiko charakterisiert. Schließlich ist der alternative Einsatz der direkten oralen Antikoagulanzien (DOAKs) durch die Sorge der Akkumulation und somit einer eingeschränkten Therapiesicherheit bei Niereninsuffizienz kompliziert. Dieser Übersichtsartikel soll die aktuelle Datenlage zu einem wesentlichen Entscheidungsdilemma verdeutlichen.


1997 ◽  
Vol 17 (03) ◽  
pp. 145-148
Author(s):  
Robert O’Reilly
Keyword(s):  

ZusammenfassungWarfarin und Phenprocoumon sind beides racemische Gemische von 3-substitu-ierten 4-Hydroxy-Cumarinen, die sich chemisch nur in einer Seitenkettengruppie-rung voneinander unterscheiden. Bei beiden Arzneimitteln ist die Gerinnungshemmung stereoselektiv: das S-Enantiomer ist wirksamer. Beide Arzneimittel üben eine kompetitive Hemmwirkung auf die Synthese von Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren über eine Hemmung des Enzyms Vitamin-K-Epoxidre-duktase aus. Die metabolischen und pharmakokinetischen Eigenschaften unterscheiden sich aber voneinander.Beide Arzneimittel werden im wesentlichen aus dem Verdauungstrakt absorbiert und stark an Plasmaalbumin gebunden. Warfarin wird vollständig metabolisiert, wobei nur wenig unveränderte Substanz ausgeschieden wird. Phenprocoumon wird unvollständig metabolisiert; ca. 15% werden in unveränderter Form ausgeschieden. Die Halbwertszeit von Warfarin beträgt 40 Stunden und die von Phenprocoumon beträgt ca. 156 Stunden. Bei Blutungen stellt diese lange Halbwertszeit von Phenprocoumon bei Patienten mit übermäßiger Gerinnungshemmung jedoch kein Problem dar, weil die erhöhte INR schnell mit Gerinnungsfaktorkonzentrat und/oder Vitamin K1, korrigiert werden kann. Darüber hinaus ist die im Körper zurückbleibende Substanz nicht toxisch. Weitere wichtige Nebenwirkungen dieser Arzneimittel sind durch Überempfindlichkeit ausgelöste Hepatitis und durch Cumarine ausgelöste Gewebsnekrosen, sog. Cumarin-Nekrosen.Bei der Einleitung der Therapie mit Warfarin unter Anwendung eines niedrigdosierten Behandlungsschemas (5-10 mg täglich) dauerte es ca. 6 Tage oder 4 Halbwertszeiten, bis ein antithrombotischer Effekt erreicht und stabile Blutkonzentrationen von Warfarin gemessen wurden. Bei Einleitung einer ähnlichen niedrigdosierten Therapie mit Phenprocoumon würde es ebenfalls 4 Halbwertszeiten oder 26 Tage dauern, bis stabile Blutspiegel erreicht würden. Die lange Halbwertszeit von Phenprocoumon könnte demnach bei Einleitung der Therapie mit den derzeit häufig empfohlenen niedrigdosierten Behandlungsschemata Probleme bereiten.Die pharmakologischen Eigenschaften von Warfarin und Phenprocoumon beim Menschen wurden miteinander verglichen. Obwohl Warfarin normalerweise in Form des Natriumsalzes verabreicht wird, was bei Phenprocoumon nicht der Fall ist, scheinen beide Arzneimittel eine hohe Bioverfügbarkeit aufzuweisen. Die lange Halbwertszeit von Phenprocoumon stellt bei Patienten mit übermäßiger Gerinnungshemmung kein erhöhtes Risiko im Vergleich zu Warfarin dar, weil die erhöhten INR beider Arzneimittel schnell normalisiert werden können. Die lange Halbwertszeit von Phenprocoumon könnte allerdings die Einleitung von niedrigdosierten Behandlungsschemata erschweren.


2017 ◽  
Vol 44 (10) ◽  
pp. 742-756
Author(s):  
Joji Kuramatsu ◽  
Stefan Gerner ◽  
Hagen Huttner ◽  
Stefan Schwab

ZusammenfassungDie Inzidenz der intrazerebralen Blutung unter oraler Antikoagulation (OAK-ICB) steigt aufgrund der demografischen Entwicklung und der daraus resultierenden Zunahme an Patienten, die bei einem Vorhofflimmern antikoaguliert werden. Die OAK-ICB stellt eine der schwerwiegendsten Formen des hämorrhagischen Schlaganfalls dar, ist charakterisiert durch größere Blutungsvolumina, vermehrten Ventrikeleinbruch sowie häufigere und prolongierte Nachblutungen. Der Einfluss dieser Prognoseparameter mündet schließlich in eine erhöhte Sterblichkeit und ein hohes Maß an bleibender funktioneller Beeinträchtigung. Doch gerade bei diesem schweren Erkrankungsbild fehlt meist eine belastbare Evidenz, sodass die aktuellen internationalen und europäischen Leitlinien häufig nur schwache Therapieempfehlungen abgeben können. Im Rahmen der Akutbehandlung einer OAK-ICB ist das Hauptziel eine Minimierung der Hämatomprogression, welche durch Blutdruck- und Gerinnungsmanagement möglicherweise erreicht werden kann. Für alle OAK-ICBs erscheint die sofortige und aggressive Blutdrucksenkung auf einen systolischen Zielwert von 140 mmHg (mind. innerhalb von 4 – 6 Stunden) nach Aufnahme sinnvoll und für intrazerebrale Blutungen unter Vitamin-K-Antagonisten konnte eine Assoziation mit einer reduzierten Nachblutungsrate aufgezeigt werden. Die Antagonisierung der OAK-ICB sollte immer so rasch wie möglich, aber in Abhängigkeit von der jeweiligen oralen Antikoagulation erfolgen. Für die Vitamin-K-Antagonisten assoziierte ICB konnten große multizentrische Arbeiten in den letzten Jahren beitragen ein präziseres Vorgehen zu definieren. In Rahmen einer deutschlandweiten Kohortenstudie an knapp 1200 OAK-ICB (unter Marcumar bzw. Falithrom) konnten erstmals konkrete Zielwerte identifiziert werden. Eine Antagonisierung sollte mindestens bis zu einem INR-Wert < 1,3 bzw. 1,2 mindestens innerhalb von 4 Stunden nach Aufnahme erfolgen. Mittel der Wahl sollten Prothrombinkomplexkonzentrate (PPSB) sein, um eine rasche und vollständige Antagonisierung zu erzielen. Durch dieses kombinierte Procedere konnte eine deutliche Minimierung der Hämatomwachstumsraten und eine reduzierte Krankenhaussterblichkeit verzeichnet werden. Seit kurzem steht für Dabigatran assoziierte Blutungen ein Antidot (Idarucizumab) zur Verfügung, welches in Studien eine rasche und nahezu vollständige Elimination sowie suffiziente Hämostase aufzeigen konnte. Für Blutungen unter Faktor Xa-Inhibitoren besteht aktuell großer Handlungsbedarf, da bislang kein Antidot verfügbar ist und es ebenso unklar ist, ob in der klinischen Praxis eine relevante Antagonisierung durch gängige Substanzen, z. B. PPSB oder gefrorenes Frischplasma (GFP) erreicht werden kann. In dieser Übersichtsarbeit liegt der Schwerpunkt auf der Akut-Behandlung einer OAK-ICB und versucht anhand der aktuellen Datenlage konkrete Behandlungsoptionen aufzuzeigen. Ferner werden gegenwärtige Studien zur intensivmedizinischen Behandlung der ICB beleuchtet, um daraus relevante Implikationen für die Therapie einer OAK-ICB abzuleiten.


2001 ◽  
Vol 14 (4) ◽  
pp. 169-180 ◽  
Author(s):  
Matthias Kliegel ◽  
Christoph Rott ◽  
Vera 'Heureuse ◽  
Gabriele Becker ◽  
Petra Schönemann

Es war das Anliegen dieses Teilprojektes der Heidelberger Hundertjährigen-Studie, eine der besonderen Situation Höchstaltriger angepasste Kurzform des Mini-Mental Status Test zu überprüfen. Diese verzichtet auf die Items, die Lese- und Schreibfähigkeit voraussetzen. Zum anderen sollte das Ausmaß an kognitiven Beeinträchtigungen in der untersuchten Altersgruppe der noch vorhandenen kognitiven Leistungsfähigkeit gegenübergestellt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die hier verwandte Testskala ihr primäres Ziel, systematische, rein sensorische Benachteiligungen auszuschließen, erreichen konnte, dass die Skala immer noch eine hohe Konstruktvalidität besitzt und dass die hier gewählte Version für die Untersuchung von sensorisch stark beeinträchtigten Hochaltrigen ein geeignetes Instrument zur Bestimmung des kognitiven Status ist. Betrachtet man die Verteilung des kognitiven Status in der hier analysierten Stichprobe von Hundertjährigen, so fällt auf, dass es zwei Extremgruppen zu geben scheint. Eine Gruppe, die gar keine oder nur sehr geringe kognitive Leistungseinbußen zeigt und eine Gruppe, bei der ein sehr starkes Defizit auffällt. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass selbst im höchsten Alter die kognitive Entwicklung noch Spielräume für interindividuelle Unterschiede zulässt.


2005 ◽  
Vol 62 (4) ◽  
pp. 230-237 ◽  
Author(s):  
Renteria

Epidemiologische Studien zeigen eine Prävalenz von Missbrauchserfahrungen bei Mädchen zwischen 14 und 33%. Indizien für einen Missbrauch sind zwar im Einzelnen unspezifisch, bei gleichzeitigem Auftreten jedoch bedeutungsvoll: Somatische Indizien sind sexuell übertragbare Erkrankungen, Schwangerschaft, unerklärbare Blutungen, rezidivierende genitale Beschwerden. Psychosoziale nichtsexuelle Indikatoren sind neu aufgetretene Verhaltensschwierigkeiten, Ausreissen, Esstörungen etc; Psychosexuelle Indikatoren sind eine Hypersexualisation der Sprache und des Verhalten, ein gestörtes Körpergefühl und gestörte Geschlechstidentität. Als indirekt beweisende Befunde gelten neben alten Genital oder/und Analläsionen Einrisse des Hymens bis auf den Insertionssaum, die sich an tpyischer Stellle im hinteren Bereich der Kommissur finden. Die Abklärung und Betreuung von Kindern, bei denen Verdachtsmomente, aber keine sicheren Indizien bestehen, setzt eine hohe Kompetenz und eine multdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Kindergynäkologen, Kinderpsychiatern, Kinderschutzgruppen und eventuell weiteren beteiligten Fachleuten voraus, um einerseits nicht ungerechtfertigt Familienstrukturen schwer zu belasten und damit den Kindern zu schaden, um andererseits aber auch sicherzustellen, dass die Opfer eine umfassende akute und langfristige medizinische und psychosoziale Betreuung erfahren.


2015 ◽  
Vol 72 (9) ◽  
pp. 567-575 ◽  
Author(s):  
Ulrich Otto ◽  
Marlene Brettenhofer ◽  
Silvan Tarnutzer

Zusammenfassung. Ein wesentliches Ziel der Telemedizin ist es, den Zugang zu medizinischen Angeboten durch Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu vereinfachen und nicht zuletzt in ländlichen Regionen neue Versorgungsmodelle für alle PatientInnen zu ermöglichen. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen werden Wege und Hilfsmittel gesucht, PatientInnen dort zu betreuen, wo sie leben – in Übereinstimmung mit dem verbreiteten Wunsch, so lange wie möglich zu Hause zu leben, auch bei Älteren, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind oder mehr und mehr nicht auf nahe lebende Angehöriger zurückgreifen können. Weil zunehmend komplexe Krankheitsbilder und Multimorbidität eine Betreuung durch mehrere ÄrztInnen und Fachkräfte sowie informelle Unterstützung erfordern, ist eine hohe intersektorale Vernetzung der AkteurInnen im Gesundheitssystem nötig. Neue Strategien verfolgen dieses Ziel u. a. durch den Aufbau von elektronischen PatientInnenakten, integrierten Versorgungsmodellen und ähnliche Lösungen. Die Telemedizin stellt hierbei einen wichtigen Baustein dar, mit erheblichem Potenzial gerade für Ältere. Sie zeigt sich als offenes Konstrukt, dessen Angebote und Massnahmen in einem ständigen Entwicklungsprozess erweitert werden. Die Antreiber für diesen Prozess sind zum einen ein verstärkter Einsatz von technischen Hilfsmitteln in der Medizin und zum anderen ein verstärktes Bedürfnis nach patientInnenorientierter Versorgung. Gerade im Kontext heute oftmals frühzeitiger Entlassungen aus Krankenhäusern sind technologisch gestützte Massnahmen zur Nachbetreuung von PatientInnen ein mögliches Mittel zur Risikoverminderung und Qualitätssteigerung von Behandlungen. Wesentliche Herausforderungen sind zudem die Orientierung an Selbstmanagementförderung, und an intersektoraler und interdisziplinärer Kooperation. Begünstigt werden die genannten Entwicklungen im Bereich der Telemedizin dadurch, dass aktuell trotz bisher oftmals konstatierter Vorbehalte von Älteren gegenüber Technik eine rasche Entwicklung zu einer höheren Vertrautheit Älterer mit einschlägigen elektronischen Geräten und Anwendungen stattfindet. Der Artikel bietet neben einer notwendigen Begriffsklärung einen Überblick über verschiedene Aspekte und deren Einsatzgebiete mit einem Fokus auf Anwendungsbeispiele für die ältere Bevölkerung und bildet aktuelle Entwicklungen in der Thematik ab. Abgerundet werden die Erläuterungen durch eine knappe Sammlung bisher vorliegender Erkenntnisse aus Evaluationen und Metastudien zu Wirkungen, Kosten und Nutzen von Telemedizin in der Praxis.


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