COVID-19-assoziierte Koagulopathie

2021 ◽  
Vol 146 (15) ◽  
pp. 944-949
Author(s):  
Stephan Nopp ◽  
Cihan Ay

Was ist neu? Häufigkeit thrombotischer Ereignisse COVID-19 ist deutlich mit einem erhöhten Thromboserisiko assoziiert. 5–11 % der PatientInnen auf Normalstationen und 18–28 % der intensivpflichtigen PatientInnen entwickeln eine venöse Thromboembolie. Auch das Risiko für arterielle thromboembolische Ereignisse ist erhöht: ungefähr 3 % der COVID-19-PatientInnen auf einer Intensivstation erleiden einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine systemische Embolie. Zusätzlich zum prothrombotischen Zustandsbild ist auch das Blutungsrisiko erhöht (3,9 % bei hospitalisierten PatientInnen). Für ambulant betreute oder bereits wieder entlassene PatientInnen dürfte das Thromboserisiko gering sein. Pathomechanismus: Koagulopathie Bei COVID-19 besteht ein prothrombotisches Zustandsbild, hervorgerufen durch ein Zusammenspiel aus Infektionserreger, Inflammation und dem Gerinnungssystem. Die sich potenzierenden Effekte verursachen eine Endothelaktivierung, die Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine und eine Kettenreaktion im Gerinnungssystem. Laborchemisch imponieren bei der COVID-19-assoziierten Koagulopathie ein stark erhöhtes D-Dimer, hohes Fibrinogen, eine verlängerte Prothrombinzeit sowie eine verminderte Thrombozytenanzahl. Das überproportional hohe Auftreten von Lungenembolien lässt eine teilweise pulmonale Thrombenentstehung vermuten, welche auf Basis der entkoppelten Inflammation entsteht. Die Aktivierung des Gerinnungssystems durch COVID-19 kann sich auch prognostisch zunutze gemacht werden, um Morbidität und Letalität anhand von Gerinnungsparametern abzuschätzen. Therapie und Thromboseprophylaxe Aufgrund des hohen thrombotischen Risikos ist eine prophylaktische Antikoagulation, bevorzugt mit niedermolekularem Heparin, bei allen hospitalisierten PatientInnen indiziert. Lediglich über die Dosierung herrscht Unklarheit. Neue randomisiert-kontrollierte Studien zeigen erste Signale: eine therapeutische oder intermediäre Antikoagulation scheint keinen Vorteil gegenüber einer Standardprophylaxe für intensivpflichtige PatientInnen zu bringen. Es ist jedoch möglich, dass eine therapeutische Dosierung, eingesetzt auf Normalstationen bei PatientInnen mit (noch) moderatem Verlauf, zu einem besseren Outcome führt. Für ambulant betreute oder bereits entlassene PatientInnen ist die Evidenz nach wie vor gering. In beiden Fällen ist keine routinemäßige Antikoagulation empfohlen. Bei niedrigem Blutungsrisiko kann jedoch eine Thromboseprophylaxe erwogen werden.

Pflege ◽  
2014 ◽  
Vol 27 (5) ◽  
pp. 285-296 ◽  
Author(s):  
Romy Mahrer-Imhof ◽  
Michelle Bruylands

Hintergrund: Familien haben Einfluss auf die Gesundheit von chronisch erkrankten Patientinnen und Patienten und werden durch die Krankheit selbst in ihrem Wohlbefinden beeinflusst. Familienmitglieder in die Pflege einzubeziehen, wurde in verschiedenen Studien getestet. Ziel: Das Ziel dieser Literaturübersicht war, randomisiert kontrollierte Studien und Metaanalysen zu familienzentrierten Interventionen (FI) auf die Ergebniskriterien und Effektgrößen der Veränderungen zu untersuchen. Methode: Drei Metaanalysen für den Zeitraum bis 2007 und sechs randomisierte kontrollierte Studien ab 2007 zu psychosozialen familienzentrierten Interventionen wurden eingeschlossen. Ergebnisse: Die Studien zeigten, dass FI kleine bis mittlere positive Effekte auf Depression, psychische Gesundheit, Angst von Patienten und Angehörigen sowie auf die Belastung der Angehörigen hatten. Der Effekt auf physische Gesundheitsparameter konnte nicht gezeigt werden. Die Ergebnisse hingen von der untersuchten Population, den Teilnehmenden an der FI, der Art und dem Zeitraum und der Zeitdauer (Dosis) der FI ab. Die Studien zeigten große Unterschiede in der Länge und Art der Intervention, der Zielpopulation und der Auswahl der Ergebniskriterien sowohl für Patienten als auch für Angehörige. Vergleiche der Ergebnisse sind erschwert durch die Verwendung unterschiedlichster Messinstrumente. Schlussfolgerungen: Weitere Forschung mit verschiedenen Populationen, unterschiedlicher Ausprägung der FI, aber unter Verwendung der gleichen validen Messinstrumente ist anzustreben.


2015 ◽  
Vol 44 (3) ◽  
pp. 159-168 ◽  
Author(s):  
Henrike Schlagert ◽  
Wolfgang Hiller

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Verschiedene randomisiert-kontrollierte Studien konnten die Bedeutung frühzeitiger Therapieerfolge für das Therapieergebnis nachweisen. Entsprechende Erkenntnisse unter Routinebedingungen sind bislang selten. Fragestellung: Diese Studie untersucht Häufigkeit, prädiktiven Wert sowie Patientenmerkmale eines frühen Ansprechens auf die Therapie („Early Response“) in einer verhaltenstherapeutischen Hochschulambulanz. Methode: Wir klassifizierten anhand prozentualer Wertereduktion 1109 Patienten verschiedener Störungsgruppen hinsichtlich ihrer psychischen Belastung als Early Responder beziehungsweise Early Nonresponder. Ergebnisse: 48,2 % der Patienten zeigten frühe Therapieerfolge. Early Response erwies sich als Prädiktor für Response (OR = 6,36) und Remission (OR = 3,90). Early Nonresponse sagte eine Verschlechterung der Symptombelastung zu Therapieende vorher (OR = 12,14). Schlussfolgerungen: Frühzeitige Therapieeffekte sind im Routinesetting offenbar von hoher Bedeutung für das Therapieergebnis und sollten bei der Behandlungsplanung stärker berücksichtigt werden.


2020 ◽  
Vol 24 (08) ◽  
pp. 302-308
Author(s):  
Farsad-Alexander Eskandary ◽  
Georg A. Böhmig

ZUSAMMENFASSUNGDerzeit gibt es keine Behandlung, die nachweislich in der späten und/oder chronischen antikörpervermittelten Abstoßung (ABMR) wirksam ist. Für Bortezomib und die kombinierte Anwendung von intravenösen Immunglobulinen (IVIG)/Rituximab haben doppelblinde randomisiert-kontrollierte Studien (RCTs) keine signifikante Wirkung auf deren Progression nachgewiesen. Der Antikörper Eculizumab konnte in einer kontrollierten Pilotstudie keine oder nur marginale klinische Wirkungen zeigen. Die größte Hoffnung stellen derzeit Therapien dar, welche die IL-6/IL-6R-Achse (IL-6R: Interleukin-6-Rezeptor) blockieren oder in der Lage sind, CD38-positive Zellen wie Plasma- und natürliche Killer-Zellen (NK-Zellen) zu depletieren.


1999 ◽  
Vol 56 (9) ◽  
pp. 529-532
Author(s):  
Caliezi ◽  
Holtz ◽  
Wuillemin

D-Dimere sind Abbauprodukte des quervernetzten Fibrins nach fibrinolytischer Spaltung durch Plasmin. D-Dimere können im Plasma oder im Vollblut mittels gegen Epitope des D-Dimers gerichteter monoklonaler Antikörper nachgewiesen werden. Erhöhte D-Dimer-Werte finden sich bei Patienten mit tiefer Venenthrombose (TVT) oder Lungenembolie (LE), aber auch z.B. bei Patienten mit Infektionen, malignen Tumoren oder Herzinsuffizienz. Die Bestimmung der D-Dimere hat sich als früher Abklärungsschritt in der Diagnostik venöser Thromboembolien (TVT/LE) etabliert. Die hohe Sensitivität verschiedener ELISA-Teste ermöglicht es, die Diagnose einer TVT oder LE zuverlässig auszuschließen, falls die Konzentration der D-Dimere unterhalb einer kritischen Schwelle (sog. cut-off) liegt. Bei ambulanten Patienten gelingt es so, in rund 30% der Fälle mit Hilfe eines gut validierten Testes eine venöse Thromboembolie auszuschließen und auf weitere diesbezügliche Untersuchungen zu verzichten.


2014 ◽  
Vol 33 (04) ◽  
pp. 271-276
Author(s):  
A. Arntz ◽  
G. A. Jacob

ZusammenfassungSchematherapie ist ein integrativer psychotherapeutischer Ansatz insbesondere zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen (PS) und Patienten mit chronischen und komplexen psychischen Störungen. Er kombiniert Konzepte der Verhaltenstherapie, der Tiefenpsychologie sowie humanistischer Ansätze, insbesondere der Gestalttherapie. Schwerpunkte liegen auf dem Einsatz der Therapiebeziehung als korrektiver Erfahrung (begrenztes Nachbeeltern) sowie auf emotionsfokussierten Methoden. Neben einem allgemeinen störungsübergreifenden Konzept wurden störungsspezifische Modelle für verschiedene PS entwickelt. Mehrere randomisiert-kontrollierte Studien wurden bei Patienten mit Borderline-PS durchgeführt. Eine randomisierte, kontrollierte Studie wurde zudem bei Patienten mit anderen PS abgeschlossen, eine weitere große Studie läuft bei forensischen Patienten. Alle Studien zeigen eine gute Wirksamkeit, wobei eine ausreichende Dauer der Behandlung ausschlaggebend zu sein scheint. In diesem Artikel wird das klinische Vorgehen und der aktuelle Stand der


2018 ◽  
Vol 75 (1) ◽  
pp. 77-80
Author(s):  
Simon Manuel Ewers ◽  
Malte Christian Claussen

Zusammenfassung. Schizophrene Psychosen sind schwere psychische Erkrankungen, die im Vergleich zu gesunden Individuen und anderen psychiatrischen Störungen mit einer geringen Lebenserwartung einhergehen. Als Risikofaktoren für die erhöhte Mortalität werden Übergewicht und zugehörige Gesundheitsprobleme wie Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen und mit Rauchen assoziierte Lungenerkrankungen genannt. Geringe körperliche Aktivität und vermehrtes sedentäres Verhalten wurden als wichtiger behavioraler Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen bei Menschen mit Schizophrenie identifiziert. Zahlreiche Forschungsergebnisse zeigen einen positiven Einfluss von Sport sowohl auf die psychische Symptomatik als auch die körperliche Gesundheit. In den vorliegenden Studien kamen jedoch unterschiedliche Arten von angeleiteter Bewegung mit divergierender Intensität im Gruppen- oder Einzelsetting zur Anwendung. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) empfiehlt den Einsatz von sport- und bewegungstherapeutischen Interventionen, aber es werden weitere grosse randomisiert kontrollierte Studien benötigt, um Art, Umfang und Dauer sowie die Wirkung der eingesetzten Methoden in den verschiedenen Phasen der Erkrankung zu untersuchen. Ein Ziel dabei sollte die evidenzbasierte Implementierung von spezifischen und systematischen sport- und bewegungstherapeutischen Interventionen als ergänzender Baustein neben der psychopharmakologischen und psychotherapeutischen Behandlung bei Menschen mit Schizophrenie sein.


2013 ◽  
Vol 70 (4) ◽  
pp. 195-203 ◽  
Author(s):  
Matthias Egger ◽  
Marcel Zwahlen ◽  
Thomas Cerny

Tumorscreening hat zum Ziel, das Risiko schwerwiegender Krankheitsfolgen einer malignen Erkrankung in der Bevölkerung zu reduzieren. Es besteht nicht nur aus der Anwendung von geeigneten Tests, sondern umfasst alle notwendigen Schritte, um die angestrebte Risikoreduktion zu erreichen – von der angemessenen Information der Bevölkerung bis hin zur Therapie. Screening-Tests werden bei Personen durchgeführt, die keine entsprechenden Symptome haben oder sich ihrer nicht bewusst sind. Voraussetzung ist eine klar definierte, nachweisbare pathologische Veränderung, die eine Vorstufe oder ein Frühstadium des Tumors darstellt. Überdiagnosen und Überbehandlungen sind ein Problem, das erst in den letzten Jahren in seiner vollen Bedeutung erkannt wurde. Eine Überdiagnose liegt dann vor, wenn ein durch das Screening entdeckter Tumor nie Symptome verursacht hätte. Dies ist beim Prostatakarzinom-Screening mittels Prostata-spezifischem Antigen (PSA) häufig: 50 % bis 70 % der durch das Screening entdeckten Tumore hätten im späteren Verlauf keine Symptome verursacht. Bei Brustkrebs sind es 20 % bis 30 % der durch das Mammografie-Screening entdeckten Tumore. Die Beurteilung von Screening-Programmen wird häufig durch Verzerrungen erschwert (healthy screenee, length time und lead time effects). Randomisiert-kontrollierte Studien sind deshalb nötig, um die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit von Screening Programmen zu untersuchen und die Häufigkeit unerwünschter Wirkungen wie unnötige diagnostische Zusatzabklärungen, Überdiagnosen und Überbehandlungen zu dokumentieren. In der Schweiz fehlt bislang eine unabhängige Instanz, die analog zum UK National Screening Committee oder der US Preventive Services Task Force Vorsorgeuntersuchungen und Programme begutachtet und Empfehlungen abgibt. Unbestritten ist, dass sich erfolgreiche Programme durch klare Zielsetzungen, eine zentrale Organisation mit Einladungsverfahren, Dokumentation und Qualitätskontrolle sowie eine ausgewogene Information der Bevölkerung auszeichnen. In der Schweiz ist es aufgrund des föderalen Gesundheitswesens mit direktem Zugang zu FachärztInnen schwierig, ein systematisch organisiertes Screening mit Qualitätssicherung und Monitoring umzusetzen.


Praxis ◽  
2016 ◽  
Vol 105 (9) ◽  
pp. 499-503
Author(s):  
Patrick Schur ◽  
Andreas Luft

Zusammenfassung. Die vaskuläre Neurologie ist im Wandel. In den folgenden drei «Praxis»-Ausgaben wird aus der Perspektive des Neurologen ein Update des akuten Schlaganfalls in der Akutdiagnostik, in der Akutbehandlung und in der Sekundärprävention gegeben. Der erste Teil wird die Neuerungen in der Akutdiagnostik erarbeiten. Trotz der Fortschritte ist der Schlaganfall in der Schweiz häufig und die wichtigste Ursache schwerer Behinderung im Erwachsenenalter. Das pathophysiologische Korrelat dessen ist die zerebrale Ischämie oder zerebrale Blutung, welche die häufigsten Ursachen für persistierende Behinderungen sind und hohe Gesundheitskosten ausmachen. Der kürzeste Weg zur korrekten Diagnose und zur adäquaten Therapie kann Leben retten und vor allem verbessern. Die rasche klinische und bildgebende Diagnostik der Patienten, die von einer Therapie profitieren, ist der Schlüssel im Wettlauf mit der Zeit. In den letzten Jahren sind einige randomisiert-kontrollierte Studien veröffentlicht worden, die neue Evidenz bringen und die ärztlichen Perspektiven schärfen.


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