Antidementiva

2009 ◽  
Vol 66 (6) ◽  
pp. 432-440
Author(s):  
Franz Müller-Spahn ◽  
Daniel Sollberger ◽  
Axel Wollmer

Die Behandlung von Demenzkranken umfasst verschiedene Therapiekomponenten. Dazu zählen im Wesentlichen die Besserung der Hirnleistungsstörungen, die Besserung der Alltagskompetenz sowie die Verminderung der Verhaltensauffälligkeiten. Die Therapieziele ändern sich in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung. Häufig dominieren Verhaltensauffälligkeiten, die die kognitive Leistungsfähigkeit zusätzlich beeinträchtigen. Eine kausale Therapie der Alzheimer-Demenz steht uns heute nicht zur Verfügung. Aus den Erkenntnissen der molekularen Biologie ergeben sich jedoch hoffnungsvolle, neue Therapieansätze, die sich im Wesentlichen auf den Amyloid- und Tau-Protein-Stoffwechsel konzentrieren. Therapeutische Angriffspunkte zielen auf die Hemmung der Amyloid-Bildung, den Abbau von Plaques, die Hemmung der Amyloid-induzierten Neurotoxizität, die Hemmung der Neurofibrillenbildung sowie die Förderung des Nervenzellwachstums ab. Am Erfolg versprechendsten dürfte die Immunisierung gegen Aβ als Antigen oder die Gabe von monoklonalen Antikörpern zukünftig sein.Die Wirksamkeit von Acetylcholinesterase-Hemmern wurde für die leichte bis mittelgradig ausgeprägte Alzheimer-Demenz in vielen klinischen Studien belegt. Sie bewirken eine zeitlich begrenzte Verzögerung der Symptomprogression und gelten heute als Mittel der ersten Wahl. Die Wirksamkeit von Memantin wurde für die Behandlung der mittelschweren und schweren Alzheimer-Demenz nachgewiesen.Dagegen ist die wissenschaftliche Datenlage zur Behandlung der vaskulären Demenz deutlich schwächer. Kontrollierte Studien mit positiven Effekten liegen für alle derzeit verfügbaren Cholinesterase-Hemmer sowie für Memantin vor. Nicht medikamentöse Therapieverfahren sind unverzichtbare Behandlungsbausteine und orientieren sich im Wesentlich an dem jeweiligen Krankheitsstadium. Die wissenschaftliche Datenlage zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Neuroleptika bei Demenzkranken ist ungeachtet der enormen Verordnungszahlen insgesamt unzureichend. Deshalb wird nach wie vor eine strenge individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung vor allem unter Berücksichtigung kardio-vaskulärer Besonderheiten und des substanzspezifischen Nebenwirkungspotenzials empfohlen.

2019 ◽  
Vol 38 (11) ◽  
pp. 841-844
Author(s):  
Clara Theil

ZUSAMMENFASSUNGDie Alzheimer-Demenz und andere Demenzerkrankungen stellen aufgrund der steigenden Prävalenzraten immer größer werdende Gesundheitsprobleme dar. Untersuchungen zeigen, dass sich eine hohe körperliche Fitness positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit von Personen auswirkt. Körperliche Fitness kann nicht nur neuronale Prozesse stimulieren, sondern geht zudem mit einer guten Leistung in kognitiven Tests einher. Folglich ist es plausibel, dass sich körperliche Trainings zur Demenzprävention eignen. Aktuelle metaanalytische und längsschnittliche Befunde liefern Evidenz dafür, dass eine Kombination aus körperlichen und kognitiven Interventionen eher zur Aufrechterhaltung kognitiver Funktionen beiträgt, als eine ausschließliche Verbesserung der körperlichen Fitness.


Author(s):  
Matthias Sendler ◽  
Markus M. Lerch

ZusammenfassungDas exokrine Pankreas produziert und sezerniert alle für die Verdauung wichtigen Enzyme. Die akute Pankreatitis ist eine Entzündungsreaktion der Bauchspeicheldrüse, die durch die vorzeitige Aktivierung dieser pankreatischen Verdauungsenzyme noch in den exokrinen Zellen selbst verursacht wird. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann dieser lokale pankreatische Schaden systemisch werden und zu schwerwiegenden Komplikationen führen wie z. B. Organversagen, systemischer Schock oder auch die Infektion der Pankreasnekrose bis hin zur Sepsis. Experimentelle als auch klinische Studien haben versucht, die komplexen Mechanismen, die hinter der Entstehung der Erkrankung stehen, aufzuklären. Neuste wissenschaftliche Arbeiten zeichnen ein immer komplexer werdendes Bild der Krankheitsentstehung. Neben der Aktivierung von Trypsinogen zu Trypsin, die als das Schlüsselereignis der Pankreatitis angesehen wird, rücken auch andere pathophysiologische Ursachen immer mehr in den Fokus wie z. B. endoplasmatischer Retikulum Stress (ER-Stress), eine fehlerhafte Autophagie und der gesteigerte mitochondriale Schaden. Neben diesen subzellulären Ereignissen spielt auch die Immunreaktion eine wichtige Rolle für den Verlauf und den Schweregrad der Erkrankung. Infiltrierende Leukozyten verstärken den lokalen Schaden noch einmal und induzieren eine systemische Immunantwort, die hauptverantwortlich für die systemischen Komplikationen ist. Parallel zu einer starken proinflammatorischen Reaktion, ausgehend vom entzündeten Pankreas, kommt es zu einer antiinflammatorischen Gegenregulation, die ebenfalls mit schwerwiegenden Komplikationen, wie z. B. der Infektion der Pankreasnekrose, einhergeht. Dieses komplexe Zusammenspiel verschiedener Zellen und Mechanismen stellt letztendlich das Gesamtbild der Erkrankung dar und macht bis heute eine kausale Therapie schier unmöglich.


2000 ◽  
Vol 68 (10) ◽  
pp. 439-446 ◽  
Author(s):  
P Schönknecht ◽  
J Pantel ◽  
E Werle ◽  
T Hartmann ◽  
M Essig ◽  
...  
Keyword(s):  

e-Neuroforum ◽  
2007 ◽  
Vol 13 (2) ◽  
Author(s):  
Uta Heinemann ◽  
Inga Zerr

ZusammenfassungDemenz ist ein zunehmend häufiges Krankheitsbild, das mit kognitiven Defiziten einhergeht. Die Ursachen einer Demenz können vielfältig sein. Die häufigste zugrunde liegende Erkrankung ist die Alzheimer-Demenz mit einem Anteil von etwa 60%. Ursächlich werden die Ablagerung seniler Plaques (vorwiegend aus β-Amyloid1-42) und die Bildung neurofibrillärer Bündel aus hyperphosphoryliertem Tau-Protein angenommen. Eine weitere häufige Ursache einer Demenz sind vaskuläre Läsionen in Form von strategischen Schlaganfällen oder einer Mikroangiopathie. Weitere neurodegenerative Erkrankungen, die mit einer Demenz einhergehen, sind die Demenz mit Lewy-Körperchen (eosinophile Einschlußkörperchen) und frontotemporale Demenz (Tauopathie). Daneben sind aber auch reversible Erkrankungen in bis zu 30% innerhalb der rasch progredienten Demenzen bekannt, die eine Demenz verursachen können. Dazu zählen neben anderen autoimmune Erkrankungen (cerebrale Vaskulitis, Hashimoto-Encephalopathie) und Liquorzirkulationsstörungen, die in einem Normaldruckhydrocephalus resultieren.Ein wichtiger Aspekt zum pathogenetischen Verständnis, aber auch der Diagnostik dieser verschiedenen Krankheitsbilder bildet die Liquordiagnostik. Etablierte Demenzmarker sind β-Amyloid, Tau-Protein, 14-3-3, S100B und die neuronenspezifische Enolase. Einige dieser Marker spiegeln pathogenetische Prozesse wider. Trotzdem ist die Wertigkeit dieser Marker in der Diagnostik bislang begrenzt. Die Entwicklung neuer Marker basierend auf dem besseren Verständnis molekularer Vorgänge bei diesen Erkrankungen ist deswegen ein wichtiges Ziel. Potentielle neue Biomarker könnten aus der Gruppe der Transthyretine, Neurofilamente oder Laminine generiert werden. Dieser Artikel fasst das aktuelle Wissen wichtiger dementieller Krankheitsbilder zusammen und gibt einen Ausblick auf neue diagnostische und therapeutische Ansätze.


e-Neuroforum ◽  
2009 ◽  
Vol 15 (3) ◽  
Author(s):  
Oliver Wirths ◽  
Thomas A. Bayer

ZusammenfassungIm vorliegenden Referat wird eine kurze Übersicht über die molekulare Pathologie der Alzheimer-Demenz (AD) gegeben, sowie die wichtigsten Tiermodelle und die möglichen Konsequenzen für neue Therapiestrategien besprochen. Die zurzeit zugelassenen und nur gering wirksamen Medikamente behandeln nur die Symptome der AD, eine kausale Therapie ist noch nicht möglich. Genetische, neuropathologische und biochemische Daten unterstreichen die Bedeutung der Amyloid-Hypothese der AD, welche die zurzeit einflussreichste Hypothese ist. Die daraus resultierenden neuen Forschungsansätze haben, so ist die Hoffnung, krankheitsmodifizierendes Potenzial. Auf der Grundlage der Amyloid-Hypothese wurden viele Behandlungstrategien in präklinischen Tiermodellen ausgesprochen erfolgreich durchgeführt. Allerdings steht ein Behandlungserfolg bei Alzheimer-Patienten bislang leider noch aus. Das könnte daran liegen, dass die bisher genutzten Tiermodelle nur geringe Verhaltensdefizite und keinen alzheimertypischen Nervenzellverlust hatten, obwohl sie alle mehr oder weniger viele Plaques entwickelt haben. Wir wissen heute, dass die Alzheimer-Plaques nicht für den massiven Zelltod verantwortlich sind. Seit einigen Jahren sind neuartige Tiermodelle entwickelt worden, die frühe intraneuronale Aβ-Akkumulationen, massiven Nervenzellverlust und robuste Verhaltensdefizite zeigen. Die erfolgreiche Behandlung eines Tiermodells mit solch einem Phänotyp wäre sicherlich vielversprechend und könnte vermutlich besser in die Klinik übertragen werden, als das bisher möglich ist. Die abschließende Validierung oder Falsifizierung der Amyloid-Hypothese und der darauf beruhenden Behandlungsstrategie kann jedoch nur durch eine klinische Prüfung erfolgen.


2012 ◽  
Vol 09 (04) ◽  
pp. 239-246
Author(s):  
K. Schmidtke

ZusammenfassungEine kausale Therapie der Alzheimer-Demenz (AD) existiert bisher nicht. Memantine, ein Modulator der glutamatergen Neurotransmission, und die drei Cholinesterasehemmer (ChEH) zeigen eine mäßige, jedoch mit hohem Evidenzgrad unterlegte Wirkung. Ziel der symptomatischen antidementiven Therapie ist eine Besserung und Stabilisierung der Kern- und Begleitsymptome der AD, d.h. Kognition, alltagspraktische Fähigkeiten, Gesamtzustand, psychiatrische Begleitsymptomatik und Pflegeaufwand. Die zugelassenen Einsatzbereiche von ChEH und Memantine umfassen alle Schweregrade der AD und überlappen sich im mittleren Stadium. Die vorliegende Arbeit stellt die Evidenz für Memantine als Monotherapeutikum und seine additive Wirkung in der Kombinationstherapie mit ChEH dar.


Der Chirurg ◽  
2021 ◽  
Author(s):  
Hruy Menghesha ◽  
Michael Schroeter ◽  
Fabian Doerr ◽  
Georg Schlachtenberger ◽  
Matthias B. Heldwein ◽  
...  

ZusammenfassungDer Stellenwert der Thymektomie in der Therapie der thymomfreien Myasthenia gravis blieb bis vor einiger Zeit umstritten. Die relativ geringe Inzidenz und Prävalenz der Erkrankung, die uneinheitliche Dokumentation in den verschiedenen Studien sowie die notwendige Langzeitbeobachtung zur Erfassung therapeutischer Effekte erschwerten das Generieren valider Daten. Die Veröffentlichung des MGTX-Trials 2016 im New England Journal of Medicine lieferte die ersten randomisiert-kontrollierten Daten, nach denen Patienten mit Acetylcholin-Rezeptor-Antikörper-positiver generalisierter Myasthenia gravis im Alter von 18 bis 65 Jahren von der chirurgischen Resektion des Thymus über eine mediane Sternotomie profitieren. Trotz fehlender Validierung des Vorteils der Thymektomie über minimal-invasive Techniken durch randomisiert-kontrollierte Studien scheinen diese das Outcome bestimmter Patientengruppen in ähnlicher Form positiv zu beeinflussen. So haben videoassistiert-thorakoskopische, roboterassistierte, subxiphoidale und transzervikale Zugangswege nicht nur ästhetische Vorteile, sondern zeigen in der Beeinflussung des Krankheitsverlaufs der Myasthenia gravis keine relevante Unterlegenheit gegenüber der medianen Sternotomie. Doch nicht nur der Nutzen und das ästhetische Ergebnis differieren, sondern auch die Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Remission sind bei den Unterformen der Myasthenia gravis unterschiedlich. Die heterogene Gruppe der Myasthenien unterscheidet sich bezüglich des Auftretens von Autoantikörpern, der betroffenen Körperregionen und des Alters der Patienten bei Erstdiagnose. Schließlich ist die Thymektomie eine wirksame kausale Therapie der Myasthenia gravis.


2009 ◽  
Vol 57 (3) ◽  
pp. 195-206 ◽  
Author(s):  
Christian Fischer-Terworth ◽  
Paul Probst ◽  
Peter G. Glanzmann ◽  
Carolin C. Knorr

Hintergrund: In verschiedenen Krankheitsstadien einer Demenz nehmen psychologische Interventionen einen zentralen Stellenwert bei der günstigen Beeinflussung kognitiver, behavioraler und psychopathologischer Symptome ein. Die Wirksamkeit dieser Ansätze wurde bisher nicht hinreichend systematisch in randomisierten kontrollierten Studien untersucht. Methode: Zur Erfassung des Forschungsstands über evidenzbasierte psychologische Therapien bei Demenz wurde eine Recherche in MEDLINE, PsycInfo, Psyndex und der Cochrane-Database durchgeführt. Eingeschlossen in die Evaluation wurden systematische Reviews, randomisierte kontrollierte Studien und kontrollierte Studien. Ergebnisse: Innerhalb der Vielzahl von Therapiemethoden zeigen sich hohe Evidenzlevels für (a) kognitive Verhaltenstherapie zur Behandlung behavioraler und psychopathologischer Symptome, insbesondere von Depressivität und (b) Psychoedukation und kognitiv-behaviorale Psychotherapie für Angehörige bei der Reduktion psychischer Belastung und psychopathologischer Symptome bei Angehörigen und Patienten. Moderate Evidenz besteht für die Anwendung von (a) kognitiver Stimulation zur Stabilisierung kognitiver Funktionen bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz und (b) Musiktherapie bei der kurzfristigen Reduktion von Agitation und anderer behavioraler und psychopathologischer Symptome bei mittelschwerer bis schwerer Demenz. Nur bedingt wirksam zur Reduktion behavioraler und psychopathologischer Symptome sind verschiedene Ansätze sensorischer Therapie. Zunehmende Evidenz zeigt sich für die Bedeutung einer milieutherapeutischen Umweltgestaltung. Diskussion: Weitere randomisierte kontrollierte Studien zu psychologischen Interventionen bei verschiedenen Demenzformen und -stadien mit größeren Fallzahlen sind dringend erforderlich.


2020 ◽  
Vol 88 (06) ◽  
pp. 356-357

Multiple-Sklerose (MS)-Patienten leiden im höheren Lebensalter oft unter neurodegenerativen Symptomen. Diese ähneln zum Teil den typischen Zeichen einer Alzheimer-Demenz. Inwiefern sind die Pathomechanismen die gleichen? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen untersuchten die Autoren in dieser Studie die beiden Alzheimer-typischen Biomarker ß-Amyloid und Tau-Protein bei MS-Patienten in fortgeschrittenem Alter.


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