Belastungen von Fachkräften in stationären Einrichtungen für Kinder und Jugendliche

2017 ◽  
Vol 67 (08) ◽  
pp. 331-337 ◽  
Author(s):  
Thea Rau ◽  
Jeannine Ohlert ◽  
Corinna Seidler ◽  
Jörg Fegert ◽  
Marc Allroggen

ZusammenfassungPsychische Belastungen von Fachkräften werden als zunehmend wichtiges Thema in stationären Einrichtungen für Kinder und Jugendliche betrachtet. Demgegenüber liegen nur wenige Studien vor, die Belastungserleben von pädagogischen Fachkräften allgemein und speziell in Jugendhilfeeinrichtungen untersuchen. Ziel der vorliegenden Studie war, Belastungserleben bei Fachkräften mittels des „Perceived Stress Questionnaire“ (PSQ) in Einrichtungen der Jugendhilfe zu erheben sowie dessen Zusammenhang mit Alter, Dauer der Tätigkeit im Arbeitsfeld und Geschlecht zu untersuchen. Insgesamt nahmen 426 Fachkräfte aus Jugendhilfeeinrichtungen an der Online-Studie teil. Die Ergebnisse zeigen tendenziell höhere Belastungswerte bei jüngeren Fachkräften und signifikant höhere Werte bei Anspannung im Vergleich zu älteren Mitarbeitenden, jedoch keinen Effekt von Geschlecht. Weiterhin besteht kein Zusammenhang zwischen Belastungserleben und Dauer der Tätigkeit im Arbeitsfeld, jedoch ein signifikanter Zusammenhang zwischen einem Gefühl von Sicherheit vor Gewalt in der Einrichtung und Belastung. Der Gesamtscore für Belastungserleben bei Fachkräften ist vergleichbar mit dem von gesunden Erwachsenen, während sich in den Subskalen im Vergleich zur Normstichprobe höhere Werte bei Anforderungen im Sinne von Termin- und Zeitdruck sowie bei Anspannung zeigen. Die Ergebnisse weisen auf eine hohe Vulnerabilität von jungen Fachkräften hin, der möglicherweise mit institutionellen Maßnahmen begegnet werden kann. Zur Klärung kausaler Zusammenhänge sind weitere Studien notwendig.

2003 ◽  
Vol 12 (2) ◽  
pp. 111-118 ◽  
Author(s):  
Silvia Schneider ◽  
Susanne Borer

Zusammenfassung. Im deutschen Sprachraum existieren bislang kaum Programme und Materialien zur primären Prävention von Angststörungen im Kindes- und Jugendalter. Um diese Lücke zu schließen, wurde eine Broschüre für Kinder und Jugendliche mit dem Ziel der primären Prävention von Angststörungen entwickelt, die die wichtigsten Informationen über Angst und Angststörungen sowie verschiedene Bewältigungsstrategien in kindgemäßer Darstellung enthält. In einem ersten Schritt wurde die inhaltliche Validität anhand von Expertenurteilen (N = 37) geprüft. Die Akzeptanz der Broschüre wurde an 101 Kindern mit oder ohne Angststörung und deren Eltern (N = 93) evaluiert. Die Ergebnisse zeigten, dass die Broschüre inhaltlich valide ist und eine hohe Akzeptanz bei den untersuchten Probanden fand. Damit erfüllt die Broschüre wichtige Voraussetzungen für ihren Einsatz in der Primärprävention von Angststörungen im Kindes- und Jugendalter.


2020 ◽  
pp. 1-12
Author(s):  
Julia Asbrand ◽  
Leonie Foltys ◽  
Lydia Ebeling ◽  
Brunna Tuschen-Caffier

<b><i>Hintergrund:</i></b> Symptome psychischer Störungen werden von Kindern und Jugendlichen häufig anders als von den Eltern eingeschätzt. Als Einflussfaktoren für diese Urteilsdiskrepanzen im externalisierenden und internalisierenden Symptombereich werden kindliches Geschlecht und Alter untersucht. Zudem wird der prädiktive Wert der Diskrepanz für den wahrgenommenen Therapieerfolg analysiert. <b><i>Methode:</i></b> Kinder und Jugendliche (<i>n</i> = 271, 10–21 Jahre) in ambulanter Psychotherapie sowie Eltern gaben Auskunft über den Youth Self Report (YSR) und die Child Behavioral Checklist (CBCL). <b><i>Ergebnisse:</i></b> Neben einer grundsätzlich guten Übereinstimmung zwischen Eltern und Kind berichten Eltern über mehr psychische Symptome als die davon betroffenen Kinder. Mit zunehmendem Alter steigt die von den Kindern selbstberichtete externalisierende Symptomatik an. Mädchen geben mehr internalisierende Symptome als Jungen an. Ein hoher elterlicher Baselinewert (prä-Therapie) zur kindlichen externalisierenden Symptomatik sagt einen höheren Elternbericht nach Abschluss der Psychotherapie des Kindes vorher. Kinder berichten nach der Psychotherapie mehr Symptome, wenn Uneinigkeit zwischen Eltern und Kindern bezüglich der internalisierenden Symptomatik prä-Therapie besteht sowie eine hohe kindberichtete externalisierende bzw. elternberichtete internalisierende Symptomatik berichtet wird. <b><i>Schlussfolgerung:</i></b> Insgesamt zeigen sich einzelne Faktoren prädiktiv für die Symptomatik post-Therapie, jedoch die Eltern-Kind Urteilsdiskrepanz nur in geringem Maß. Beeinflussende Faktoren wie Alter und Geschlecht sollten in zukünftigen Studien standardmäßig aufgenommen werden.


Diagnostica ◽  
2009 ◽  
Vol 55 (3) ◽  
pp. 160-173 ◽  
Author(s):  
Wiebke Bleidorn ◽  
Fritz Ostendorf

Zusammenfassung. Das Hierarchical Personality Inventory for Children (HiPIC) ist ein Fragebogen zur Messung der Big Five Persönlichkeitsfaktoren bei Kindern und Jugendlichen. Die Originalform ( Mervielde & De Fruyt, 1999 ) wurde auf der Basis von freien Elterninterviews konstruiert, um ein umfassendes Inventar zur Messung der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln. In der vorliegenden Studie wurde die psychometrische Qualität der deutschen Selbst- und Elternbeurteilungsversion des HiPIC in einer Stichprobe von 223 Heranwachsenden (11–15 Jahre) untersucht. Dabei ergaben sich für die Selbst- und Fremdbeurteilungsform zufriedenstellende Reliabilitäten. Die angenommene Fünf-Faktoren-Struktur ließ sich in beiden Beurteilermodi angemessen replizieren und erwies sich in Subgruppenanalysen als weitgehend invariant. Des Weiteren konnte eine hohe Kongruenz der Faktorenstrukturen der deutschen Version mit der flämischen Originalform, der französischen und auch der italienischen Version des Fragebogens nachgewiesen werden. Die zufriedenstellende Konvergenz zwischen den Selbst- und Elternbeurteilungen stützt die Validität des Verfahrens als Selbstberichtinventar für Heranwachsende.


2018 ◽  
Vol 18 (01) ◽  
pp. 61-61
Author(s):  
Dagmar Jäger-Becker

Da besonders Säuglinge durch Keuchhusten gefährdet sind, ist ein frühzeitiger Impfschutz angeraten. Die STIKO empfiehlt die Grundimmunisierung von Säuglingen und Kleinkindern gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis und Hepatitis B sowie gegen Haemophilus-influenzae-Typ-b (Hib) nach dem Schema 3 + 1: drei Impfungen im Alter von 2–4 Monaten, jeweils im Abstand von mindestens vier Wochen. Die letzte Impfung einer Grundimmunisierung wird im Alter von 11–14 Monaten gegeben. Mit dem Sechsfach-Impfstoff Hexyon® können Säuglinge ab einem Alter von sechs Wochen so immunisiert werden. Studien belegen eine hohe Immunogenität und gute Verträglichkeit. Trotz guter wirksamer Impfstoffe nimmt die Inzidenz von Pertussis in den letzten Jahren weltweit zu. Prof. Markus Knuf, Direktor der Klinik für Kinder und Jugendliche an den HELIOS Kliniken Wiesbaden, wies beim Herbst-Seminar des BVKJ in Bad Orb daher auf die Bedeutung von Grundimmunisierung und Auffrischung hin.


2005 ◽  
Vol 13 (1) ◽  
pp. 12-20 ◽  
Author(s):  
Tatiana Stauber ◽  
Franz Petermann ◽  
Hannsjörg Bachmann ◽  
Petra Hampel

Zusammenfassung. Viele Befunde sprechen dafür, dass Kinder und Jugendliche mit einer funktionellen Harninkontinenz durch ihre Erkrankung stark belastet sein können. Da die Stressverarbeitungskompetenzen eine moderierende Rolle bei den Effekten der Alltagsstressoren auf den Krankheitsverlauf haben, sollte in der Studie untersucht werden, ob sich die Stressverarbeitung in Abhängigkeit von der Gruppe (funktionelle Harninkontinenz vs. gesunde Normierungsstichprobe) und vom Geschlecht unterscheidet. Außerdem sollte geprüft werden, ob die Lebensqualität der einnässenden Kinder mit der Verarbeitung alltäglicher und krankheitsspezifischer Stressoren zusammenhängt. Die klinische Stichprobe bestand aus 78 Kindern mit funktioneller Harninkontinenz im Alter von 8 bis 13 Jahren. Die Kinder bearbeiteten eine modifizierte Version des Stressverarbeitungsfragebogens für Kinder und Jugendliche (SVF-KJ) von Hampel, Petermann und Dickow (2001) und den Kid-KINDLR von Ravens-Sieberer und Bullinger (2000) . Die alters- und geschlechtsgematchte gesunde Vergleichsstichprobe erhielt nur den SVF-KJ. Mädchen wandten hochsignifikant mehr die ungünstige Stressverarbeitungsstrategie gedankliche Weiterbeschäftigung als Jungen an. Darüber hinaus setzten Mädchen mit funktioneller Harninkontinenz hochsignifikant mehr die emotionsregulierende Bewältigungsstrategie “Ablenkung“ und tendenziell mehr die problemlösende Bewältigungsstrategie “Situationskontrolle“ zur Stressbewältigung ein als gesunde Mädchen. Korrelationsanalysen ergaben, dass eine hohe Lebensqualität mit günstigen Stress- und Krankheitsbewältigungsstrategien bei der klinischen Gruppe einher ging. Diese korrelativen Befunde unterstreichen die Bedeutung der Stress- und Krankheitsbewältigungskompetenz für die Gesundheit der Kinder mit funktioneller Harninkontinenz.


2021 ◽  
Author(s):  
Stephanie Karg ◽  
Katharina Rathmann ◽  
Kevin Dadaczynski

Zusammenfassung Hintergrund und Ziel Kinder und Jugendliche mit Behinderung und krankheitsbedingter Einschränkung zählen zu einer vulnerablen Bevölkerungsgruppe. Bislang liegen für Deutschland allerdings wenige Erkenntnisse zum Vergleich der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung und krankheitsbedingter Einschränkung vor. Methodik Als Datenbasis diente die KiGGS-Welle 2 des Robert Koch-Instituts aus den Jahren 2014–2017. In die Auswertung wurden mithilfe der Elternbefragung insgesamt 11 830 Kinder und Jugendliche im Alter von 3–17 Jahren und 5222 Kinder und Jugendliche zwischen 11–17 Jahren mittels Selbsturteil einbezogen. Als Outcomes der psychischen Gesundheit wurden psychische Auffälligkeiten (SDQ, Elternurteil) und die gesundheitsbezogene Lebensqualität (Kidscreen, Selbsturteil) herangezogen. Neben univariaten Häufigkeitsauswertungen wurden bivariate Analysen mittels Kreuztabellen mit Chi²-Signifikanzprüfung und multivariate Analysen mittels binär-logistischer Regression durchgeführt. Ergebnisse Bei 16,5% der 3- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen berichten die Eltern psychische Auffälligkeiten im grenzwertigen oder auffälligen Bereich. Eine niedrige gesundheitsbezogene Lebensqualität berichten 48,4% der befragten Kinder und Jugendlichen im Alter von 11–17 Jahren. Kinder und Jugendliche mit Behinderung und Einschränkung weisen eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für psychische Auffälligkeiten (OR: 5,11) und für eine niedrige gesundheitsbezogene Lebensqualität (OR: 1,50) auf. Schlussfolgerung Die Ergebnisse verdeutlichen einen Handlungsbedarf zur Stärkung der psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderung und/oder krankheitsbedingter Einschränkung. Hierbei nehmen die Bildungs- und Erziehungssettings Kindergarten und Schule eine hohe Bedeutung ein.


Author(s):  
Manuel Schabus ◽  
Esther-Sevil Eigl

ZusammenfassungDie Umfrage „Jetzt Sprichst Du!“ veranschaulicht eindrücklich die psychosozialen Belastungen und die Beeinträchtigung von Kindern und Jugendlichen in Österreich während der aktuellen Coronapandemie. Im Rahmen einer Online-Umfrage wurden 5483 Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 18 Jahren bezüglich ihrer Gefühle, Ängste, Sorgen und Einschätzungen im Zusammenhang mit der Coronapandemie befragt. Es zeigt sich, dass die Kinder und Jugendlichen durch die Situation geängstigt sind und Mädchen hierbei über alle Altersgruppen hinweg stärker belastet sind. In diesem Zusammenhang wird auch deutlich, dass das Risiko einer COVID-19-assoziierten Hospitalisierung ähnlich wie bei Erwachsenen von den Kindern wie Jugendlichen massiv überschätzt wird. Auch macht sich in allen Altersgruppen eine hohe Perspektivenlosigkeit aufgrund der anhaltend herausfordernden Situation bemerkbar. Ferner häufen sich Gefühle von Wut, Ärger, Einsamkeit und Traurigkeit und es zeigt sich eine alarmierende Verschlechterung der Schlafqualität und eine Zunahme der Schlafproblematiken. Die Daten der Umfrage „Jetzt Sprichst Du!“ betonen die Notwendigkeit eines unabdingbaren und raschen Handelns, um sowohl die psychosozialen, entwicklungspsychologischen als auch gesundheitlichen Kollateralschäden in dieser jungen Altersgruppe einzudämmen, soweit dies heute noch möglich ist.


Author(s):  
Wiebke Hoffmann ◽  
Monika Heinzel-Gutenbrunner ◽  
Katja Becker ◽  
Inge Kamp-Becker

Fragestellung: Zum Screening von Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) stehen verschiedene Fragebogenverfahren zur Verfügung. Leider zeigen neuere Studien, dass diese Verfahren zwar tatsächlich in der Lage sind, betroffene Personen mit ASS zu identifizieren, aber bezüglich der differentialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen komplexen Störungsbildern (z. B. Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung [ADHS], emotionale Störungen, Persönlichkeitsstörungen), insbesondere bei Personen ohne deutliche kognitive Beeinträchtigung, Probleme aufweisen (niedrige Spezifität). Methodik: In der vorliegenden Studie wurde an einer großen Inanspruchnahme-Stichprobe aus 309 Patienten (153 mit ASS, 156 mit sonstigen psychischen Störungen, IQ > 70) geprüft, inwiefern ausgewählte Items des ADI-R im Screening-Prozess von hochfunktionalen ASS eingesetzt werden können. Ergebnisse: Bei einem Cut-off von 5 zeigte sich eine hohe Sensitivität (0.93), bei einem Cut-off von 6 eine gute Spezifität (0.74). Dieses Ergebnis blieb für verschiedene Untergruppen (Einteilung nach Diagnose/Alter/IQ/Geschlecht) stabil. Schlussfolgerung: Insgesamt hat sich gezeigt, dass acht Interviewfragen des ADI-R dazu dienen können, Kinder und Jugendliche mit hochfunktionaler ASS von solchen mit anderen psychischen Störungen zu unterscheiden. Die Kombination aus früh beginnenden, ausgeprägten Auffälligkeiten im sozialen Kontakt mit stereotypen oder zwanghaft-ritualisierten Verhalten oder Interessen kann anhand weniger Fragen zu Screening-Zwecken ermittelt werden. Jedoch ist im weiteren Verlauf eine ausführliche und spezifische weitere kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik notwendig.


2015 ◽  
Vol 09 (02) ◽  
pp. 93-98 ◽  
Author(s):  
R. Pirzer ◽  
B. Böhm ◽  
R. Pozza ◽  
H. Netz ◽  
R. Oberhoffer ◽  
...  

Zusammenfassung Hintergrund: Abdominelles Übergewicht ist für das Herzkreislaufsystem gefährlicher als ein erhöhter Gesamtkörperfettanteil bei normalem Taillenumfang. Der Body-Mass-Index (BMI) lässt die abdominelle Fettverteilung unberücksichtigt, im Gegensatz zu Taillenumfang (waist circumference, WC) und TailleGröße-Index (Waist-to-Heigh-Ratio, WHtR). Ziel der Arbeit: WC- und WHtR-Normwerte für Kinder- und Jugendliche (7–18 Jahre) zu erstellen und die Übereinstimmung zwischen der 90. Perzentile für WHtR mit dem, im Erwachsenenalter gültigen Grenzwert von 0,5 zu prüfen. Material und Methoden: Daten von 1 015 Kindern (534 Mädchen) gingen in die Berechnung der Normwerte ein (1). Ergebnis: Der Kappa-Koeffizient belegt eine hohe Übereinstimmung zwischen P90 und 0,5 (0,91 für Jungen/ 0,88 für Mädchen). Diskussion: Die Studie stellt WCund WHtR-Normwerte für Mädchen und Jungen zwischen 7–18 Jahren bereit und belegt eine hohe Übereinstimmung der 90. Perzentile mit dem Grenzwert von 0,5. Im Vergleich mit existierenden Normwerten zeigen unsere Ergebnisse eine Zunahme des abdominellen Übergewichtes, die jedoch nicht in erhöhten Blutdruckwerten resultiert.


2019 ◽  
Vol 29 (04) ◽  
pp. 206-214
Author(s):  
Stefanie Schmidt ◽  
Franziska-Antonia Zora Samos ◽  
Andreas Klement ◽  
Julia-Marie Krüger ◽  
Wilfried Mau

Zusammenfassung Hintergrund Für muskuloskelettale Erkrankungen konnte in zahlreichen Studien eine hohe psychische Komorbidität festgestellt werden. Aufgrund der für die PatientInnen oftmals im Vordergrund stehenden somatischen Beschwerden werden psychische Belastungen im Behandlungsprozess und bei der Reha-Antragstellung vielfach nicht erkannt bzw. in Befundberichten nicht benannt. Dementsprechend fehlen behandelnden ÄrztInnen häufig Informationen und dem Leistungsträger bei der Reha-Antragsbewertung und nachfolgenden Klinikauswahl angemessene Entscheidungsgrundlagen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Erprobung eines differenzierten Screenings für psychische Problemlagen im Vorfeld der Rehabilitation. Material und Methoden In der vorliegenden clusterrandomisierten Studie sollten niedergelassene ÄrztInnen aus hausärztlichen und orthopädischen Praxen aus Mitteldeutschland (Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) ihre PatientInnen bei Antrag auf Rehabilitation bitten, den üblichen Antragsunterlagen zusätzlich einen ausgefüllten Ultra-Kurz-Screening-Fragebogen (UKS) für die PrüfärztInnen der Rentenversicherung beizulegen. Neben soziodemografischen und rehabilitationsbezogenen Parametern wurden gesundheitsbezogene Merkmale von insgesamt 119 PatientInnen erhoben. Zusätzlich wurden Analysen zur Reliabilität und Validität des UKS durchgeführt. Des Weiteren wurden die Zuweisungsentscheidungen der PrüfärztInnen dokumentiert. Außerdem wurde den teilnehmenden PraxisärztInnen (n=106) als auch allen PrüfärztInnen der Rentenversicherung (n=42) ein Fragebogen vorgelegt, um ihre Einschätzung zu psychosozialem Screening im Rahmen der Reha-Antragstellung und -entscheidung zu erfahren. Ergebnisse Im UKS zeigten sich bei der Mehrheit der StudienteilnehmerInnen zum Zeitpunkt der Reha-Antragstellung Hinweise auf moderate psychosoziale Problemlagen (69%), bei guten psychometrischen Werten für Reliabilität und Validität im Vorfeld der Rehabilitation. Von der Mehrheit (78%) der Vertrags- und PrüfärztInnen wurde die routinemäßige Implementierung des UKS in die Reha-Antragstellung bei MSK befürwortet. Diskussion Zusammenfassend erscheint es sinnvoll, psychosoziale Belastungen standardisiert im Rahmen der Reha-Antragstellung zu erfassen, damit behandelnden und antragsbearbeitenden ÄrztInnen diese zusätzliche Information zur bedarfsgerechten Auswahl und Zuweisung geeigneter Interventionen und Rehabilitationskonzepte vorliegt. Eine Integration des UKS in die Routineanwendung sollte unter Beachtung der in dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse weiter evaluiert werden.


Sign in / Sign up

Export Citation Format

Share Document