Nierenerkrankungen bei Adipositas

2014 ◽  
Vol 08 (02) ◽  
pp. 83-88
Author(s):  
M. Büttner ◽  
K. Benz ◽  
K. Amann

ZusammenfassungEpidemiologische Studien zeigen, dass Adipositas, unabhängig von dem Vorliegen eines Diabetes mellitus, einer arteriellen Hypertonie oder anderer Komorbiditäten, ein Risikofaktor für chronische Nierenerkrankungen ist. Weitere Befunde gibt es hinsichtlich einer Verbindung von chronischen Nierenerkrankungen bei Adipositas und Veränderungen der Adipokinsekretion (Hyperleptinämie, Adiponektinmangel), einer Aktivierung des Renin- Angiotensin-Systems, einer chronischen Inflammation, einer endothelialen Dysfunktion, einer Lipidakkumulation, einer beeinträchtigten renalen Hämodynamik und einer im Verhältnis zum Körpergewicht verminderten Nephronanzahl. Ganz allgemein aggraviert das Vorliegen einer Adipositas den Verlauf zahlreicher primärer Nierenerkrankungen, z.B. Glomerulonephritiden, aber sie beeinflusst auch die Nierenfunktion nach Nierentransplantation. Mikroalbuminurie, Proteinurie, Hyperfiltration und eingeschränkte Nierenfunktion sind mit Adipositas assoziiert. Histologisch findet sich eine spezielle Form einer sekundären fokal- segmentalen Glomerulosklerose, die bevorzugt bei Adipositas vorkommt. Klinisch relevant sind Beobachtungen, dass drastischer Gewichtsverlust entweder durch Modifikation des Lebensstils oder durch bariatrische Chirurgie die Nierenfunktionsstörungen, vor allem die Albuminurie und Hyperfiltration, bei ehemals adipösen Patienten verbessern kann, so dass davon auszugehen ist, dass Nierenerkrankungen bei Adipositas stringenten Präventionsprogrammen zugänglich sind. Die diabetische Nephropathie (DN) ist die führende Ursache für ein chronisches Nierenversagen bei Erwachsenen in der westlichen Welt. Typische morphologische Veränderungen umfassen eine Verbreiterung der glomerulären Basalmembranen, eine Expansion des Mesangiums mit diffuser oder nodulärer Glomerulosklerose (Kimmelstiel-Wilson-Knoten) und eine arterioläre Hyalinose. Normalerweise entsteht die DN nach einem ca. 10–15 jährigen Krankheitsverlauf und weist dann einen progressiven Verlauf auf bis hin zum terminalen Nierenversagen. Es gibt jedoch inzwischen Hinweise, dass glomeruläre und tubulointerstitielle Läsionen bei DN bis zu einem gewissen Maß nach Korrektur der Blutzuckerwerte reversibel sind. Die vorliegende Übersicht beschäftigt sich vor allem mit der Pathogenese und Morphologie der Nierenfunktions- und Strukturveränderungen bei Adipositas und assoziierter Nierenerkrankungen wie der diabetischen Nephropathie.

2020 ◽  
Vol 24 (05/06) ◽  
pp. 212-221
Author(s):  
Martin Busch ◽  
Gunter Wolf

ZUSAMMENFASSUNGIn der deutschen Bevölkerung leiden 8–9 % an Diabetes mellitus. Vor allem die ältere Bevölkerung ist betroffen, häufiger in den neuen Bundesländern. Die Gesamtprävalenz einer Nierenerkrankung bei Diabetikern wird in Deutschland mit 15 % angegeben. Bis zu 40 % der Patienten mit Diabetes mellitus entwickeln im Verlauf eine Nephropathie. Diabetesdauer, höheres Alter, Blutzucker- und Blutdruckeinstellung sind Einflussfaktoren, auch bislang nicht vollständig charakterisierte (poly)genetische Faktoren. Die Verdachtsdiagnose einer diabetischen Nephropathie erfolgt beim Nachweis einer Mikroalbuminurie und/oder anderweitig nicht erklärbarer Einschränkung der geschätzten („estimated“) glomerulären Filtrationsrate (eGFR). Beweisend ist nur eine Nierenbiopsie, die jedoch selten indiziert ist. Andere oder Koentitäten sind dennoch häufig. Zur Prävention und Progressionshemmung einer Nephropathie sollte ein individualisierter HbA1c-Korridor von 6,5–7,5 % angestrebt werden. Basierend auf einer Metformintherapie sind bei Typ-2-Diabetes dann SGLT-2-Hemmer und GLP-1-Agonisten bevorzugt einzusetzen, da sie eigenständige nephro- und kardioprotektive Effekte aufweisen. Typ-1-Diabetiker sind intensiviert mit Insulin zu behandeln. Eine adäquate Blutdruckkontrolle sollte mittels Blockade des Renin-Angiotensin-Systems erfolgen. Gewichtsreduktion, körperliche Aktivität, Beendigung des Rauchens sowie Behandlung einer Dyslipidämie sind weitere Maßnahmen.


2020 ◽  
Vol 77 (7) ◽  
pp. 333-338
Author(s):  
Hannes Alder ◽  
Patrice M. Ambühl

Zusammenfassung. Die diabetische Nephropathie ist eine häufige mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziierte Komplikation des Diabetes mellitus. Doch nicht jede Nierenerkrankung bei einem Diabetiker ist eine diabetische Nephropathie, weshalb stets Differenzialdiagnosen beachtet werden müssen. Ausserdem variieren die Klinik und die Prognose der diabetischen Nephropathie stark. Folglich sollten regelmässige Verlaufskontrollen erfolgen. Entscheidend im Management sind die Früherkennung, die Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren und die Senkung der Albuminurie.


2011 ◽  
Vol 05 (01) ◽  
pp. 37-45
Author(s):  
E. Shang ◽  
T. Hasenberg

ZusammenfassungIn Deutschland haben 20 % der Männer und 21,1 % der Frauen einen BMI über 30. Geschätzte 1,02 Millionen erwachsene Männer und Frauen in Deutschland sind morbid adipös (BMI >40). Diese Verbreitung der Adipositas und vor allem der morbiden Adipositas in Deutschland ist mit der Adipositasinzidenz in Nordamerika vergleichbar. Die bisherigen, konservativen Adipositas-Therapiekonzepte mit langfristigen Erfolgsraten von unter 1–2 % versprechen keine Entspannung dieser Situation. Nachhaltige und flächendeckende Präventionsprogramme sind ebenfalls nicht in Sicht. Die derzeit einzige, auch langfristige, Therapie gegen die morbide Adipositas ist die Adipositaschirurgie, auch Bariatrische Chirurgie genannt. Im Kampf gegen die morbide Adipositas stehen ganz unterschiedliche operative Maßnahmen zur Verfügung. Grundsätzlich können restriktive (Magenband, Magenschlauch) und kombiniert restriktiv und malabsorptive Verfahren (Roux-Y-Magenbypass, Bilio-Pankreatische Diversion) unterschieden werden. Neben einem Verlust von bis zu 75–80 % des Übergewichts stehen vor allem auch die Remissionsraten der Begleiterkrankungen, wie Diabetes mellitus Typ 2 oder das metabolische Syndrom, im Vordergrund. So kann die deutlich reduzierte Lebenserwartung morbid Adipöser an die von Normalgewichtigen angeglichen werden. Nachfolgend werden Möglichkeiten und Grenzen der bariatrischen Chirurgie zum aktuellen Zeitpunkt dargestellt.


2010 ◽  
Vol 04 (02) ◽  
pp. 79-83
Author(s):  
F. X. Felberbauer ◽  
A. Bohdjalian ◽  
F. Langer ◽  
S. Shakeri-Leidenmühler ◽  
B. Ludvik ◽  
...  

Zusammenfassung Diabetes mellitus Typ 2 stellt bereits heute in ökonomischer, medizinischer und sozialer Hinsicht ein globales Problem dar, dessen Bedeutung in den nächsten zwei Jahrzehnten noch massiv zunehmen wird. Bariatrische Chirurgie ist zweifelsohne die wirkungsvollste Behandlung von morbider Adipositas, führt zu substantiellem, anhaltendem Gewichtsverlust, Verbesserung von Begleiterkrankungen und Reduktion von Mortalität. Metabolische Chirurgie führt bei 56 bis 95 % der morbid adipösen Typ-2-Diabetiker zur Diabetesremission. Jüngste Ergebnisse zeigen für Patienten mit einem Body-Mass-Index zwischen 30 und 40 kg/m2 ebenfalls exzellente Ergebnisse. Die Verbesserung der diabetischen Stoffwechsellage ist auch auf eine kalorische Restriktion und Änderung der gastrointestinalen Hormonsekretion zurückzuführen. Die Etablierung von Diabeteschirurgie verlangt ein besseres pathophysiologisches Verständnis der Erkrankung und der Operationsmethoden – diese Arbeit beschreibt den Einfluss etablierter Operationsmethoden auf die diabetische Stoffwechsellage und die Hormonsekretion des Gastrointestinaltrakts. NASH (nichtalkoholische Steatohepatitis) betrifft rund ein Drittel der morbid adipösen Patienten. Es werden Prävalenz, Diagnosestellung und Beeinflussung der Erkrankung durch metabolische Chirurgie diskutiert. Der Goldstandard zur Diagnosestellung ist nach wie vor die Leberbiopsie. In mehreren Publikationen konnte die positive Beeinflussung der NASH durch metabolische Chirurgie gezeigt werden – für morbid adipöse Patienten stellt metabolische Chirurgie die effektivste Therapie der NASH dar.


Schlaf ◽  
2013 ◽  
Vol 2 (04) ◽  
pp. 213-217
Author(s):  
Joachim Ficker

Sowohl die obstruktive Schlafapnoe (OSA), als auch der Typ-2-Diabetes (DM2) sind häufige Erkrankungen, die auch oft gemeinsam auftreten. Beide Erkrankungen sind eng mit der Adipositas als gemeinsamem Risikofaktor verbunden. Epidemiologische Studien zeigen jedoch, dass sowohl Diabetiker unabhängig von ihrer Adipositas ein erhöhtes Risiko haben, an einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom zu leiden. Umgekehrt haben auch OSA-Patienten unabhängig von ihrer Adipositas ein erhöhtes Risiko, an einem DM2 zu erkranken. Epidemiologische Beobachtungen haben in den vergangenen Jahren intensive Studien veranlasst, die uns heute erlauben, zumindest manche der pathophysiologischen Mechanismen zu verstehen, welche die Krankheitsbilder der obstruktiven Schlafapnoe und des Diabetes mellitus Typ 2 miteinander verbinden.


2017 ◽  
Vol 15 (07) ◽  
pp. 296-300
Author(s):  
Paula Löwe ◽  
Christos Chatzikyrkou ◽  
Peter Mertens

ZusammenfassungEine Nephropathie als Komplikation des Diabetes mellitus tritt bei 30 % aller Patienten auf und ist weltweit die häufigste Ursache für eine Dialysepflichtigkeit. Die Prognose quoad vitam ist bei eingetretener Dialysepflichtigkeit vergleichbar mit der eines metastasierten Magenkarzinoms. Risikofaktoren für eine Nierenschädigung sind eine genetische Prädisposition, stark schwankende und erhöhte Blutzuckerwerte sowie ein unkontrollierter Bluthochdruck. In der Pathogenese wurden metabolische und hämodynamische Faktoren untersucht, jedoch nicht alleinig prognosebestimmend gefunden. Eher stehen inflammatorische und fehlgeleitete Vernarbungsprozesse im Fokus, molekulare Prozesse sind bislang unvollständig verstanden. Dies könnte erklären, warum individuelle Risikoabschätzungen ohne zusätzliche Informationen über Nierenveränderungen nur unbefriedigend möglich sind. Histologisch fallen in den Nieren verbreiterte Basalmembranen auf, zudem treten in den Nierenkörperchen diffuse oder knötchenartige (noduläre, Kimmelstiel-Wilson-Läsion) Vernarbungen auf. Demnach entspricht die diabetische Nephropathie nicht einer singulären Entität, sondern weist Unterformen auf, die (histo-)morphologisch differenzierbar sind, jedoch bislang selten bioptisch nach festgeschriebenen Kriterien eingeteilt werden. Spezifische therapeutische Interventionen über allgemein nephroprotektive Maßnahmen hinaus zur Vermeidung einer Nierenschädigung bei Diabetes sind bislang nicht etabliert. Interventionen bedürften Einsichten in krankheitsverursachende Pathomechanismen und Prognoseabschätzungen.


2011 ◽  
Vol 29 ◽  
pp. e377-e378
Author(s):  
L. Morais ◽  
I. Watanabe ◽  
M. Franco ◽  
D. Arita ◽  
M. Gabbay ◽  
...  

2021 ◽  
Vol 36 (Supplement_1) ◽  
Author(s):  
Martin Gritter ◽  
Rosa Wouda ◽  
Stanley Ming Hol Yeung ◽  
Liffert Vogt ◽  
Martin De Borst ◽  
...  

Abstract Background and Aims A high potassium (K+) diet is part of a healthy lifestyle and reduces blood pressure. Indeed, salt substitution (replacing NaCl by KCl) reduces the incidence of hypertension. Furthermore, emerging data show that high urinary K+ excretion in patients with chronic kidney disease (CKD) is associated with better kidney outcomes. This suggests that higher dietary K+ intake is also beneficial for patients with CKD, but a potential concern is hyperkalemia. Thus, there is a need for data on the effects of KCl supplementation in patients with CKD. Methods The effect of KCl supplementation (40 mEq/day) was studied by analyzing the 2-week open-label run-in phase of an ongoing randomized clinical trial studying the renoprotective effects of 2-year K+ supplementation in patients with progressive CKD and hypertension. The aims were to (1) analyze the effects of KCl supplementation on whole-blood K+ (WBK+) and acid-base balance, (2) identify factors associated with a rise in WBK+, and (3) identify risk factors for hyperkalemia (WBK+ > 5.5 mEq/L) . Results In 200 patients (68 ± 11 years, 74% males, eGFR 32 ± 9 mL/min/1.73 m2, 84% on renin-angiotensin inhibitors, 39% with diabetes mellitus), KCl supplementation increased urinary K+ excretion from 73 ± 24 to 106 ± 29 mEq/day, urinary chloride excretion from 144 ± 63 to 174 ± 60 mEq/day, WBK+ from 4.3 ± 0.5 to 4.7 ± 0.6 mEq/L, and plasma aldosterone from 294 to 366 ng/L (P < 0.01 for all). Plasma chloride increased from 104 ± 4 to 106 ± 4 mEq/L, while plasma bicarbonate decreased from 24.4 ± 3.4 to 23.6 ± 3.5 mEq/L and venous pH from 7.36 ± 0.03 to 7.34 ± 0.04 (P < 0.001 for all); urinary ammonium excretion did not increase (stable at 17.2 mEq/day). KCl supplementation had no significant effect on plasma renin (33 to 39 pg/mL), urinary sodium excretion (156 ± 63 to 155 ± 65 mEq/day), systolic blood pressure (134 ± 16 to 133 ± 17 mm Hg), eGFR (32 ± 9 to 31 ± 8 mL/min/1.73 m2) or albuminuria (stable at 0.2 g/day). Multivariable linear regression identified that age, female sex, and renin-angiotensin inhibitor use were associated with an increase in WBK+, while diuretic use, baseline WBK+, and baseline bicarbonate were inversely associated with a change in WBK+ after KCl supplementation (Table 1). The majority of patients (n = 181, 91%) remained normokalemic (WBK+ 4.6 ± 0.4 mEq/L). The 19 patients who did develop hyperkalemia (WBK+ 5.9 ± 0.4 mEq/L) were older (75 ± 8 vs. 67 ± 11 years), had lower eGFR (24 ± 8 vs. 32 ± 8 mL/min/1.73 m2), lower baseline bicarbonate (22.3 ± 3.6 vs. 24.6 ± 3.3 mEq/L), higher baseline WBK+ (4.8 ± 0.4 vs. 4.2 ± 0.4 mEq/L), and lower baseline urinary K+ excretion (64 ± 16 vs. 73 ± 25 mEq/day, P < 0.05 for all). Conclusions The majority of patients with advanced CKD remains normokalemic upon KCl supplementation, despite low eGFR, diabetes mellitus, or the use of renin-angiotensin inhibitors. This short-term study illustrates the feasibility of investigating the renoprotective potential of increased K+ intake or KCl-enriched salt in patients with CKD and provides the characteristics of patients in whom this is safe. Our study also shows that KCl supplementation causes a tendency towards metabolic acidosis, possibly by preventing an increase in ammoniagenesis. Longer-term studies are required to study the anti-hypertensive and renoprotective potential of K+ supplementation.


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