Update: aggressives Verhalten bei Kindern und Jugendlichen

2008 ◽  
Vol 08 (07) ◽  
pp. 443-451
Author(s):  
Thomas Rellum ◽  
Elke Boida ◽  
Jochen Gehrmann

ZusammenfassungAggressive Impulse sind primär physiologisch, entwicklungsabhängig und müssen von psychopathologischen Phänomenen mit Gewalt gegen andere unterschieden werden. Kinder, Jugendliche (und Erwachsene) sollten lernen, eigene Wünsche und Interessen sozial angemessen zu vertreten und durchzusetzen. Aggressives Verhalten erreicht im Entwicklungsverlauf etwa im Alter von zwei Jahren eine Höchstausprägung, persistiert nur bei einem relativ kleinen Anteil der Kinder und ist dann häufig assoziiert mit anderen sozialen Verhaltensauffälligkeiten. Frühes, d. h. noch vor dem 10. Lebensjahr beginnendes, aggressiv-dissoziales Verhalten ist prognostisch besonders ungünstig. Erziehungsunsicherheiten der Eltern, familiäre Strukturschwächen mit mangelnden Beziehungsangeboten bzw. sogar Gewalt als Erziehungsmittel, aber auch ein exzessiv hoher Medienkonsum begünstigen aggressiv-dissoziale Verhaltensmuster. Störungen im Sozialverhalten sind häufig assoziiert mit komorbiden Störungen, wie hyperkinetischen oder emotionalen Störungen. Die Interventionen sind stets interdisziplinär und umfassen pädagogische Maßnahmen, Elternberatung, Verhaltenstherapie, aber auch eine medikamentöse Behandlung. Neben Stimulanzien sind atypische Neuroleptika bzw. eine Kombination effektiv. Pädagogisch vorrangig sind eine Förderung der elterlichen Präsenz, eine frühe Intervention und Helfernetzwerke mit klaren Kooperationsstrukturen. Eskalierende Gewalt in Schulen erfordert eine besondere Aufmerksamkeit.

2013 ◽  
Vol 32 (03) ◽  
pp. 113-116
Author(s):  
I. K. Teismann

ZusammenfassungDer Pseudotumor cerebri ist eine intrakranielle Liquordruckerhöhung, die entweder idiopathisch oder symptomatisch auftreten kann. Die Diagnose wird nach den Kriterien der International Headache Society gestellt. Zur Pathogenese der idiopathischen Form ist wenig bekannt. Risikofaktoren sind weibliches Geschlecht und Adipositas. Symptomatische Formen können durch Intoxikationen oder Formen des Hydrozephalus hervorgerufen werden. Die Therapie besteht bei symptomatischen Formen in der Behandlung der Grunderkrankung. Ansonsten sind eine Gewichtsreduktion und eine medikamentöse Behandlung mit Acetazolamid, Topiramat oder Furosemid sinnvoll. Operative Verfahren sind möglich, sollten aber nur als letzte Möglichkeit eingesetzt werden.


Author(s):  
H. Remschmidt ◽  
J. Hebebrand

Zusammenfassung Das Asperger-Syndrom (AS) ist gekennzeichnet durch eine ausgeprägte Kontakt- und Kommunikationsstörung, die meist im Vorschulalter evident wird, sowie durch eine qualitative Beeinträchtigung des Interaktionsverhaltens, mangelndes Einfühlungsvermögen, motorische Auffälligkeiten und (inkonstant) ausgeprägte Sonderinteressen. Es wird zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen gerechnet. Als Ursache werden genetische Faktoren angenommen im Verein mit umschriebenen Hirnfunktionsstörungen und neuropsychologischen Ausfällen, die alle auf eine Einschränkung nonverbalen Lernens hinweisen, wobei sich das Intelligenzniveau meist im Normbereich bewegt. Die Behandlung stützt sich auf verhaltenstherapeutische Vorgehensweisen zur Einübung sozialer Fertigkeiten sowie die angemessene schulische Förderung und Beschäftigung, unter Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten des Einzelfalles. Eine medikamentöse Behandlung kann angezeigt sein, wenn besondere Symptome wie Hyperaktivität und Unruhe, aggressives Verhalten, Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen auftreten.


2017 ◽  
Vol 25 (3) ◽  
pp. 212-214
Author(s):  
Gisela Schott ◽  
Wolf-Dieter Ludwig

Zusammenfassung Die Ergebnisse von klinischen Studien zu Arzneimitteln sind eine wesentliche Grundlage für die medikamentöse Behandlung von Patienten. Sie werden derzeit meist von pharmazeutischen Unternehmern (pU) gesponsert. Viele Untersuchungen haben gezeigt, dass pU das Design, die Durchführung und die Publikation der von ihnen gesponserten Studien zu ihren Gunsten beeinflussen. Deswegen müssen mehr öffentliche Gelder für klinische Forschung bereitgestellt werden, um Studien zu Arzneimitteln unabhängig von pU durchzuführen – und eine optimale Behandlung der Patienten zu gewährleisten.


Author(s):  
Jan Frölich ◽  
Tobias Banaschewski ◽  
Rainer Spanagel ◽  
Manfred Döpfner ◽  
Gerd Lehmkuhl

Einleitung: Die wichtigsten Psychostimulanzien in der Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung stellen Methylphenidat und Amphetaminsalze dar. Fragestellung: In der vorliegenden Arbeit werden die pharmakologischen Charakteristika von Amphetaminpräparaten zusammengefasst. Außerdem werden die Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen im Vergleich zu Methylphenidat erläutert. Methodik: Die Arbeit basiert auf einer Medline-Recherche. Eingang fanden kontrollierte Studien und Metaanalysen zwischen 1980 und 2011. Verwendete Suchwörter waren Amphetamin, Amphetaminsalze, Lisdexamphetamin, kontrollierte Studien und Metaanalysen. Ergebnisse und Diskussion: Amphetaminpräparate weisen gegenüber Methylphenidat einige pharmakologische Besonderheiten auf, indem sie neben der Dopamin-Wiederaufnahmehemmung auch die Freisetzung von Dopamin und Noradrenalin bewirken. Die klinische Wirksamkeit von Amphetaminpräparaten ist so gut wie die von Methylphenidat und das Nebenwirkungsspektrum als vergleichbar einzuschätzen. Bei ausbleibender Therapieresponse auf Methylphenidat kann vor dem Übergang auf eine Substanz zweiter Wahl durch den Einsatz eines Amphetaminpräparates die Ansprechrate auf Psychostimulanzien optimiert werden. Da potentiell bei nicht vorgeschriebener Einnahme im Erwachsenenalter eine erhöhte Missbrauchsgefahr von herkömmlichen Amphetaminpräparaten feststellbar ist, könnte darüber hinaus dem Propharmakon Lisdexamphetamin eine wichtige Bedeutung zukommen aufgrund einer robusten klinischen Wirksamkeit, eines besseren Wirkprofils und möglicherweise geringeren Missbrauchsgefahren. Schlussfolgerungen: Amphetaminpräparate sind eine wichtige Ergänzung zu Methylphenidat in der Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Unklarheit besteht derzeit über eine differentielle Behandlungsindikation in Abhängigkeit der Symptomkonstellation und möglicher Komorbiditäten.


2019 ◽  
Vol 4 (2) ◽  
pp. 31-34
Author(s):  
Susanne Heim

Zusammenfassung. Die medikamentöse Behandlung ist wohl nirgends so umstritten wie in der Psychiatrie. Erkrankte lehnen oftmals jegliche „Chemie“ vehement ab und setzen allenfalls auf Homöopathie oder Naturheilmittel. Angehörige sind eher überzeugt, dass psychischen Erkrankungen nur mit Psychopharmaka zu heilen sind. Eine nüchtern abwägende Betrachtungsweise stößt bei beiden Parteien bestenfalls auf widerwillige Skepsis. So bleibt das Ringen um die Medikation auch in den betroffenen Familien ein Dauerbrenner.


2018 ◽  
Vol 27 (2) ◽  
pp. 102-109 ◽  
Author(s):  
Julia Fern ◽  
Franz Petermann

Zusammenfassung. Ärgerkontrolle bezeichnet die Fähigkeit, das Erleben und die Äußerung von Ärgergefühlen so zu gestalten, dass die Belastungen der sozialen Umwelt und der eigenen Person minimal ausgeprägt sind. Eine mangelhaft ausgeprägte Ärgerkontrolle kennzeichnet vor allem Kinder mit reaktiv-aggressivem Verhalten und beeinträchtigt die psychische Gesundheit und den Sozialkontakt eines Kindes stark. Obwohl aggressives Verhalten oft von Ärgergefühlen moderiert oder als die Folge von intensiven Ärgergefühlen betrachtet wird, liegt der Schwerpunkt von Therapieprogrammen für Sechs- bis 12-jährige mit aggressivem Verhalten auf dem Aufbau sozial kompetenten Verhaltens. Am Beispiel von drei deutschsprachigen verhaltenstherapeutischen Programmen wird der Frage nachgegangen, inwiefern und in welcher Form die Bewältigung von Ärger und Wutimpulsen in diesen Therapieprogrammen für Kinder mit aggressivem Verhalten berücksichtigt sind. Es zeigt sich, dass neben Techniken zur Steuerung von Ärgergefühlen insbesondere eine differenzierte Wahrnehmung des Ärgererlebens und die Vermittlung geeigneter Strategien zur Ärgerkontrolle wichtige Bestandteile der Therapieprogramme aggressiven Verhaltens im Kindesalter bilden.


2005 ◽  
Vol 62 (4) ◽  
pp. 230-237 ◽  
Author(s):  
Renteria

Epidemiologische Studien zeigen eine Prävalenz von Missbrauchserfahrungen bei Mädchen zwischen 14 und 33%. Indizien für einen Missbrauch sind zwar im Einzelnen unspezifisch, bei gleichzeitigem Auftreten jedoch bedeutungsvoll: Somatische Indizien sind sexuell übertragbare Erkrankungen, Schwangerschaft, unerklärbare Blutungen, rezidivierende genitale Beschwerden. Psychosoziale nichtsexuelle Indikatoren sind neu aufgetretene Verhaltensschwierigkeiten, Ausreissen, Esstörungen etc; Psychosexuelle Indikatoren sind eine Hypersexualisation der Sprache und des Verhalten, ein gestörtes Körpergefühl und gestörte Geschlechstidentität. Als indirekt beweisende Befunde gelten neben alten Genital oder/und Analläsionen Einrisse des Hymens bis auf den Insertionssaum, die sich an tpyischer Stellle im hinteren Bereich der Kommissur finden. Die Abklärung und Betreuung von Kindern, bei denen Verdachtsmomente, aber keine sicheren Indizien bestehen, setzt eine hohe Kompetenz und eine multdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Kindergynäkologen, Kinderpsychiatern, Kinderschutzgruppen und eventuell weiteren beteiligten Fachleuten voraus, um einerseits nicht ungerechtfertigt Familienstrukturen schwer zu belasten und damit den Kindern zu schaden, um andererseits aber auch sicherzustellen, dass die Opfer eine umfassende akute und langfristige medizinische und psychosoziale Betreuung erfahren.


2009 ◽  
Vol 66 (4) ◽  
pp. 231-240
Author(s):  
Heidi Abbuehl ◽  
Michael J. Zellweger ◽  
Andreas Hoffmann

Die Koronare Herzkrankheit kann sich akut oder chronisch-rezidivierend mit meist belastungsabhängigen pektanginösen Beschwerden oder Atemnot manifestieren. Die Unterscheidung zwischen stabiler und instabiler Verlaufsform ist prognostisch wichtig, instabile Patienten müssen wie ein akutes Koronarsyndrom stationär abgeklärt werden, bei stabiler Symptomatik kann die weitere Diagnostik mehrheitlich ambulant erfolgen. Differentialdiagnostisch kommen eine Vielzahl anderer kardialer und extrakardialer Ursachen für Thoraxbeschwerden in Frage. Wichtigste initiale diagnostische Schritte sind eine kardiovaskuläre Risikostratifizierung sowie der Nachweis einer Ischämie (bzw. Narbe, Nekrose) in Ruhe oder meist unter Belastung, allenfalls ergänzt durch eine bildgebende Methode. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit erfolgt anhand physiologischer Parameter (Watt, VO2max. bzw. MET, Distanz) mittels Ergometrie, Spiroergometrie oder 6-Minuten-Gehtest (z.B. bei Herzinsuffizienz). Für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit sind zusätzliche Faktoren ausschlaggebend.


2001 ◽  
Vol 58 (5) ◽  
pp. 315-320
Author(s):  
C. Bucher ◽  
E. W. J. Russi

Asthma bronchiale ist eine chronische entzündliche Erkrankung der Atemwege, die gehäuft bei Atopikern auftritt. Die Therapie des allergischen Asthma bronchiale stützt sich auf drei Pfeiler: Das Vermeiden einer Allergenexposition, eine medikamentöse Therapie sowie in ausgewählten Fällen eine spezifische Immuntherapie (SIT). Ein völliges Meiden des Allergenkontaktes ist in der Regel nicht zu erreichen, weshalb die meisten Asthmatiker eine medikamentöse Behandlung benötigen. Dafür stehen moderne und wirksame Medikamente zur Verfügung. Die SIT hat sich vor allem bei der Pollenallergie bewährt. Wegen des in der Regel chronischen und wechselhaften Verlaufs sowie mitunter lebensbedrohlichen Situationen sollte der Patient über die Natur der Erkrankung, die Therapie, notwendige Kontrollen, sowie Maßnahmen bei einer plötzlichen Verschlechterung sorgfältig instruiert werden. Allgemein gilt für die Therapie des Asthma bronchiale, dass die Compliance des Patienten für den Therapieerfolg entscheidend ist.


2018 ◽  
Vol 75 (4) ◽  
pp. 199-207
Author(s):  
Raphaël Tamò ◽  
Marianne Rohrbach ◽  
Matthias Baumgartner ◽  
Felix Beuschlein ◽  
Albina Nowak

Zusammenfassung. Lysosomale Speicherkrankheiten (LSK) sind eine Gruppe von über 50 hereditären Erkrankungen, welche durch eine gestörte lysosomale Funktion charakterisiert sind. Das Lysosom fungiert als Recyclinganlage der Zelle. Der Grossteil der LSK wird durch einen Mangel an sauren Hydrolasen ausgelöst. Der gestörte Metabolismus führt dann zur Akkumulation komplexer Moleküle. Die klassische Einteilung der LSK orientiert sich an diesen Hauptspeichermolekülen und unterscheidet Sphingolipidosen (Glykosphingolipide), Mukopolysaccharidosen (Glykosaminoglykane) und Oligosaccharidosen (Oligosaccharide, Glykoproteine) (In Klammern jeweils das Hauptspeichermolekül). Die moderne Einteilung weitet den Begriff auf alle Erkrankungen aus, welche einen Defekt einer Komponente zeigen, die für die normale Funktion des Lysosoms nötig ist. Dies können lysosomale Membranproteine, Aktivatorproteine, Transportproteine oder nicht-lysosomale Proteine sein. Mit einer gemeinsamen Inzidenz von etwa 16 Fällen pro 100’000 Lebendgeburten sind die LSK insgesamt seltene Erkrankungen. Ergebnisse aus Screening-Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass die Inzidenz unter Lebendgeburten unterschätzt wird. Die häufigsten LSK sind die beiden Sphingolipidosen Morbus Gaucher und Morbus Fabry. Die Gemeinsamkeiten der LSK bezüglich ihrer Symptomatik sind die systemischen Manifestationen und die häufige zerebrale Beteiligung. Die Ausprägung der Symptome ist innerhalb der Erkrankungen sehr unterschiedlich. Die pathophysiologischen Prozesse sind vielfältig und nicht durch blosse Überladung und konsekutiven Untergang der Zelle bedingt. Therapeutisch sind verschiedene Angriffspunkte vorhanden: die Substitution der Enzyme mittels Enzymersatztherapie, die Gentherapie oder hämatopoetischen Stammzelltransplantation, die Stabilisierung der defekten Enzyme durch pharmakologische Chaperone sowie die Verringerung der Substrate durch Substratreduktionstherapie.


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